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Peter Goller: Otto Bauer – Max Adler
Vorwort
Otto Bauers „integraler Sozialismus“ und Max Adlers „Linkssozialismus“ waren
nach der Befreiung vom Faschismus 1945 – vom einflusslosen „linken“ SP-Flügel
abgesehen – vergessen. Frank Deppe spricht 2003 im zweiten Band seines
„Politischen Denkens im 20. Jahrhundert“ vom „toten Hund“ Bauer, der weder in
der SPÖ noch sonst in den westeuropäischen Sozialdemokratien der
Restaurationsperiode Widerhall fand.
In den späten 1960er Jahren setzte eine rund eineinhalb Jahrzehnte lang wirksame
„Bauer-Renaissance“ ein, begleitet auch von einer kleineren
Max-Adler-Erinnerung, die sich beide spätestens ab Mitte der 1980er Jahre als
kurze Illusion einer so genannten „linkssozialistischen“ oder
„eurokommunistischen Erneuerung“ erweisen sollten.
Nach Deppe können Denker wie Rudolf Hilferding oder Otto Bauer für eine
europäische „postfordistische“ Sozialdemokratie, die längst sogar die Idee des
„Sozialstaats“ oder der „Wirtschaftsdemokratie“ innerhalb der kapitalistischen
Grenzen preisgegeben hat, und im Zeichen von „New Labour“ seit den 1990er Jahren
verspricht, den jeweiligen nationalen Kapitalismus im Zeitalter der
„Globalisierung“ zu „modernisieren“ und „konkurrenzfähiger“ zu machen, keine
Rolle mehr spielen.
Der im Juni 1937 politisch isoliert in Wien verstorbene Max Adler und der ein
Jahr später im Juli 1938 – vor 70 Jahren – auf der Flucht vor dem NS-Faschismus
in Paris verstorbene Otto Bauer sind wieder in das „Archiv der Geschichte“
zurück gewandert. Die neunbändige „Otto-Bauer-Werkausgabe“ (1975–1980) –
kurzlebiger Kultgegenstand jung-/linkssozialistischer „Theoriedebatten“ um 1980
– verstaubt wieder in den Bibliotheken akademischer Seminare, in den
Bibliotheken der „Renner-Institute“. Die meisten damaligen „Bauerianer“ sind
längst im rechten sozialdemokratischen Milieu abgetaucht. Geplante
Max-Adler-Neuausgaben blieben ohnedies schon in den 1970er Jahren im Ansatz
stecken.
Ob Otto Bauer (1881–1938) und Max Adler (1873–1937) für die völlig an die
bürgerliche Welt assimilierte, ideologisch weitgehend korrumpierte
österreichische Sozialdemokratie noch jemals etwas bedeuten werden, können
folgende Beiträge nicht klären.
Die gelegentliche „Austromarxismus-Rückerinnerung“ im Umfeld der so genannten
„Europäischen Linkspartei“ zeigt jedenfalls schon im Ansatz die Wiederkehr alter
ideologischer Scheinhoffnungen.
Innsbruck, Frühjahr 2008
Peter Goller
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