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Hans Hautmann:
Die Alfred Klahr Gesellschaft und ihre Tätigkeit
Die Alfred Klahr Gesellschaft. Archiv- und Bibliotheksverein (AKG) ist eine
gemeinnützige Organisation, deren Tätigkeit ausschließlich wissenschaftlichen
und volksbildnerischen Zwecken dient. Sie wurde zum Zweck der Verwahrung,
Verwaltung und wissenschaftlichen Erschließung der Archiv- und
Bibliotheksbestände der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) ins Leben
gerufen, mit dem Ziel, sie als ein nationales Kulturgut zu sichern.
Der Verein ist nach Dr. Alfred Klahr (1904–1944) benannt, der in der Zeit des
Kampfes gegen den deutschen Faschismus den Gedanken einer eigenständigen
österreichischen Nation marxistisch begründete und damit entscheidend zur
Wiederherstellung der demokratischen Republik Österreich am 27. April 1945
beitrug.
Die Namensgebung ist zugleich Programm. Die AKG tritt für die Festigung der
Unabhängigkeit der demokratischen Republik Österreich, für die österreichische
Neutralität, für die Förderung des österreichischen Nationalbewusstseins und
humanistischer sowie internationalistischer Gesinnung in Österreich ein. Sie
will mit ihrer Tätigkeit einen Beitrag zur Erforschung und Aufarbeitung der
Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung leisten. Im § II. (4) des
Statuts der AKG heißt es: „Eine solche wissenschaftliche Geschichtsaufarbeitung
umfasst alle Traditionen der Arbeiterbewegung, insbesondere die Beiträge der
Kommunisten und Kommunistinnen bei der Durchsetzung sozialpolitischer und demokratischer
Rechte, im Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung, Faschismus und Krieg, für
die Freiheit und nationale Unabhängigkeit Österreichs, für die Entwicklung des
österreichischen Nationalbewusstseins, im Kampf für den Frieden und
internationale Solidarität, für die humanistischen Ideale und Werte des
Sozialismus und der Rechte der Frauen. Sie umfasst aber auch die kritische und
selbstkritische Aufarbeitung von Fehlern, Irrtümern und Deformationen in der
österreichischen und internationalen Arbeiterbewegung.“
Die AKG ist eine überparteiliche Vereinigung, die allen offen steht, die mit
ihren Grundsätzen sympathisieren. Ihr obliegt es, die Bestände des Archivs und
der Bibliothek der KPÖ für wissenschaftliche Forschungen auf der Grundlage der
Archivbenützungsordnung bereit zu stellen, ein Mitteilungsblatt herauszugeben,
öffentliche Veranstaltungen, Ausstellungen und Seminare zu organisieren sowie
die Zusammenarbeit und den wissenschaftlichen Austausch mit Institutionen und
Personen im In- und Ausland, die den Zielen der AKG förderlich sind, zu
pflegen.
Die Gründung
Die Motive für die Gründung der AKG erwuchsen aus den schwerwiegenden
weltpolitischen Veränderungen der Jahre 1989 und 1991. Das Verschwinden des
sozialistischen Staatensystems stürzte die Kommunistische Partei Österreichs in
eine tiefe Krise. Abgesehen von den heftigen innerparteilichen
Auseinandersetzungen um die nun einzuschlagende politische Linie waren es
handfeste objektive Gründe, bedrängende Notwendigkeiten, die das weitere
Schicksal des Parteiarchivs auf die Tagesordnung setzten: Der Zwang zur
Reduzierung des Stocks an Parteiangestellten und zum Auszug aus dem Haus am
Höchstädtplatz, wodurch die Bibliothek und das Archiv der KPÖ das Dach über dem
Kopf verloren.
Diese Umstände führten 1992 dazu, dass es in der Führung der KPÖ zu
Überlegungen dahingehend kam, wie das Archiv zu erhalten sei, mit welchen
Möglichkeiten und mit welcher Ausstattung. Aber trotz der Bemühungen den
Übergang auf eine neue Basis zu vollziehen blieb die Situation weiterhin prekär
und unsicher, weil die Erörterung der Archivproblematik von Sitzung zu Sitzung
aufgeschoben wurde und eine Entscheidung ausblieb.
Dergestalt war die Lage, in der dann eine Initiative den Durchbruch bewirkte.
Im Februar 1993 rief eine Gruppe von Personen dazu auf, konkrete Schritte zur
Erhaltung des Archivs und der Bibliothek in die Wege zu leiten. Unterzeichner
des Appells waren: Otto Brichacek (Initiator), Vinzenz Böröcz, Mag. Helmut
Fellner, Gerti Fritz, Dr. Friedl Garscha, Betty Hirsch, Dr. Margareta Klug,
Robert Lahl, Dr. Hans Mikosch, Prof. Dr. Gerhard Oberkofler, Prof. Dr. Eduard
Rabofsky, Rudi Safranek, Rosi und Rudi Schober, Mia Schönfeld, Arch. Dr. h.c.
Grete Schütte-Lihotzky, Milli und Valentin Strecha, Prof. Dr. Fritz Weber,
Philip Wimmer, Hans Wolker und Raimund Zimpernik. An den Bundesvorstand der KPÖ
wurde ein Antrag zur Gründung eines eigenen Vereins zu diesem Zweck gestellt,
der im April 1993 zur Behandlung kam und mit zwei Gegenstimmen und zwei
Enthaltungen zum Beschluss erhoben wurde. Der Bundesvorstand der KPÖ
beauftragte den ehemaligen Parteivorsitzenden Franz Muhri, in Konsultation mit
dem Archivleiter Dr. Willi Weinert und anderen Personen, Vorschläge für die
Struktur und Aufgabenstellung des Vereins zu erarbeiten und die Voraussetzungen
zu schaffen, die für die Gründung des Vereins rechtlich, finanziell und
personell als nötig erachtet wurden.
Auf mehreren Sitzungen im Sommer und Herbst 1993 beriet ein
ProponentInnenkomitee, bestehend aus Dr. Winfried Garscha, Mag. Michael Graber,
Univ.Doz. Dr. Hans Hautmann, Mag. Waltraud Fritz-Klackl, Rechtsanwalt Dr.
Walther Leeb, Franz Muhri, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Oberkofler, Dr. Willi
Weinert und Rechtsanwalt Dr. Jakob Zanger diese Fragen. Es wurde das
Vereinsstatut erstellt, die Zusammensetzung des künftigen Vorstandes beraten
und mit der Mitgliederwerbung begonnen.
Am 13. November 1993 fand in Wien-Penzing, Drechslergasse 42, die
konstituierende Generalversammlung der AKG statt. Im Namen des
Proponentenkomitees hielt Hans Hautmann das Referat Die Gründung der Alfred
Klahr Gesellschaft und ihre Aufgaben. Die Wahl des Vorstandes und der
Rechnungsprüfer brachte folgendes Ergebnis:
Präsident: Hans Hautmann
VizepräsidentInnen: Margareta Klug, Gerhard Oberkofler, Irma Schwager
Kassier: Robert Bondy
Schriftführer: Winfried Garscha
Weitere Vorstandsmitglieder: Eva Barilich, Vinzenz Böröcz, Otto Brichacek,
Maria Cäsar, Josef Enzesdorfer, Helmut Fellner, Waltraud Fritz-Klackl, Michael
Graber, Anton Hofer, Franz Kain, Walther Leeb, Max Muchitsch, Franz Muhri,
Eduard Rabofsky, Rudolf Schober, Fini Seif, Erich Stöckl, Jakob Zanger, Heinz
Zaslawski
Rechnungsprüfer: Heinz Allwein, Maria Jahnas, Gertrude Springer
Die Generalversammlung beschloss eine öffentliche Erklärung über die Gründung
der Gesellschaft, verbunden mit der Aufforderung zum Beitritt und zur
Mitarbeit. Als jährlicher Mitgliedsbeitrag wurden 250.– öS festgesetzt.
Das Jahr 1994
Einen Monat später, am 13. Dezember 1993, nahm mit der Abhaltung der ersten
Vorstandssitzung die eigentliche Vereinstätigkeit ihren Anfang. Seither hat
sich ein fester Rhythmus herausgebildet: Vorstandssitzungen finden fünfmal im
Jahr (Februar, April, Juni, Oktober, Dezember) jeweils an Montagen um 12 Uhr
statt. Die wichtigsten Beschlüsse der ersten Vorstandssitzung waren: a) die
Bestellung von Dr. Willi Weinert zum wissenschaftlichen Leiter der AKG; b) die
Betrauung von Fini Seif mit der Funktion einer Sekretärin; c) die Eröffnung
eines Kontos und Maßnahmen zur Fortsetzung der Mitgliederwerbung, darunter die
Erstellung eines Faltprospekts mit Informationen über die AKG.
Der damalige Stand der Mitglieder betrug 152 und hat sich seither bei 170 bis
200 eingependelt. Da zu diesem Zeitpunkt die Umbauarbeiten im Haus in der
Drechslergasse zum Zweck der Adaptierung der Räume für die Unterbringung des
Archivs und der Bibliothek begannen, domizilierte die AKG vorübergehend in
Wien-Donaustadt, Wurmbrandgasse 17. Die fehlende Heimstätte zog der Art und dem
Umfang der Tätigkeit der AKG vorerst ihre Grenzen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten
im Jahr 1994 lag daher auf organisatorischem Gebiet, darin, die notwendigen
Voraussetzungen für das Vereinsleben zu schaffen. Dazu gehörten die Prozedur
der behördlichen Eintragung im Vereinskataster der Bundespolizeidirektion Wien,
die Mitgliederwerbung, Spendenaufrufe, Fragen der technischen Ausstattung mit
einem Fax-Gerät und einem geeigneten Computer sowie die Herausgabe der
»Mitteilungen«
Die erste Nummer der »Alfred Klahr Gesellschaft – Mitteilungen« (i.d.F.
»Mitteilungen«) erschien, nachdem zunächst der Falter an die Mitglieder
versandt worden war, im Juni 1994. Seither erscheinen die »Mitteilungen«
viermal jährlich (im März, Juni, September und Dezember). Neben Informationen
über die Vereinstätigkeit, Neuzugängen zum Archiv und Buchbesprechungen
enthalten sie wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung
und der KPÖ bzw. zu aktuellen politischen Fragen. Autoren solcher Artikel waren
bis heute u.a. Max Muchitsch, Hans Hautmann, Irma Schwager, Jakob Zanger, Otto
Brichacek, Robert Bondy, Franz Muhri, Winfried Garscha, Gertrude Springer,
Maria Cäsar, Gerhard Jagschitz, Claudia Kuretsidis-Haider, Alois Peter, Hans
Wolker, Thomas Schönfeld, Willi Weinert, Gerhard Oberkofler, Peter Goller,
Franz Kain, Ernst Bruckmüller, Heinz Zaslawski, Karl Flanner, Günther Grabner,
Gerhard Mack, Manfred Mugrauer, Gabriella Hauch, Otto Treml, Konstantin Putz
und Thomas Roithner.
Am 20. Juni 1994 führte die AKG ihre erste öffentliche Veranstaltung durch. Aus
Anlass des 50. Todestages von Alfred Klahr hielt die Gesellschaft vor seinem
Wohnhaus in Wien-Leopoldstadt, Novaragasse 17, eine Gedenkfeier ab, bei der
Hans Hautmann in einer Rede Leben und Wirken Alfred Klahrs würdigte. Die
Veranstaltung war gut besucht und wurde von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern
als Kundgebung empfunden, die der Persönlichkeit dieses großen österreichischen
Patrioten und Kommunisten angemessen war.
Am 5. November 1994 fand in Wien-Floridsdorf, Galvanigasse 17, erstmals die
jährlich durchzuführende ordentliche Generalversammlung statt. Neben
Statutenänderungen genehmigte die Generalversammlung nach dem Ausscheiden von
fünf Vorstandsmitgliedern (Rabofsky und Böröcz durch Tod, Barilich, Enzesdorfer
und Fritz-Klackl durch freiwilligen Verzicht) die Aufnahme von Mag. Claudia Kuretsidis-Haider
und Christine Schindler in den Vorstand. Zu einer längeren, teilweise
emotionalen Diskussion kam es in der Frage des Abbruchs des antifaschistischen
Denkmals Alfred Hrdlickas und Fritz Webers auf dem Höchstädtplatz. Präsident
Hautmann schlug an Stelle des Antrags der Kunsthistorikerin Dr. Ulrike Jenni
eine Resolution vor, die ohne Gegenstimmen bei neun Enthaltungen angenommen
wurde und folgenden Wortlaut hatte:
„Die Generalversammlung der Alfred Klahr Gesellschaft hat die Frage des
antifaschistischen Denkmals am Höchstädtplatz diskutiert und ihr Befremden über
den Abbruch seitens der WB-Beteiligungsgesellschaft zum Ausdruck gebracht. Sie
hat Erklärungen dazu entgegengenommen und die bindende Zusage, dass das
Monument in seiner ursprünglichen Form auf dem KPÖ-eigenen Grund am
Höchstädtplatz bis spätestens 27. April 1995 wiedererrichtet wird. Die
Generalversammlung der Alfred Klahr Gesellschaft bekundet ihre Überzeugung,
dass dieses Versprechen eingehalten wird.“
So kam es auch.
Das Jahr 1995
Im Februar 1995 waren die Umbauarbeiten in der Drechslergasse beendet. Die
AKG konnte damit ihren provisorischen Sitz in der Wurmbrandgasse im 22. Bezirk
verlassen und in ihre endgültige Heimstätte übersiedeln, was für die
wissenschaftliche Leitung und das Sekretariat große Vorteile mit sich brachte.
Ab dem Zeitpunkt der Übersiedlung wurden Zug um Zug die Archiv- und
Bibliotheksbestände aus ihrem Zwischenlager in die Drechslergasse transportiert
und dort aufgestellt.
Am 8. Mai 1995 veranstaltete die AKG in der Drechslergasse ein Symposium zum
Thema 50 Jahre Zweite Republik. Widerstand – Kampf um Österreichs
Unabhängigkeit – Befreiung. Auf ihm gaben Beteiligte wie Mali Fritz, Theodor
Heinisch, Karl Flanner und Jakob Zanger ebenso Statements ab wie Historiker, unter
ihnen Anton Staudinger, Herbert Steiner und Fritz Hausjell. Das Symposium, an
dem 60 Personen teilnahmen, verlief erfolgreich; es entwickelte sich eine
Diskussion mit interessanten und wichtigen Beiträgen, u.a. von Walter Ultmann,
Heinrich Klein, Raimund Zimpernik, Ludwig Raffelsberger, Margarete Klug und
Winfried Garscha.
Auch die vier Nummern der »Mitteilungen« im Gedenkjahr 1995 standen in dessen
Zeichen und behandelten die Themen Widerstand gegen das NS-Regime, Befreiung
1945, Staatsvertrag und Neutralität in mehreren informativen Beiträgen.
Zu den Aufgaben der AKG gehört die Pflege von Beziehungen zu ähnlichen
Institutionen im In- und Ausland. Auch das wurde 1995 in Angriff genommen, im
Inland beispielsweise durch den Beitritt zur Vereinigung österreichischer
Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit Sitz in Innsbruck oder die Verbindung
mit dem Industrieviertelmuseum in Wiener Neustadt, im Ausland durch die
Kontaktaufnahme mit der Marx-Engels-Stiftung in Wuppertal und der
Marx-Memorial-Library in London. Mit den genannten Institutionen fand ein
regelmäßiger Austausch an wissenschaftlichen Informationen statt und es wurden,
sofern es die Umstände und finanziellen Möglichkeiten zuließen, gemeinsame
Veranstaltungen organisiert.
Am 19. Juni 1995 fand eine Besprechung des Präsidiums der AKG unter Beiziehung
von Dr. Leeb, Dr. Zanger und Dr. Weinert mit den Verantwortlichen in der KPÖ
statt. Sie hatte den Vertrag zwischen der KPÖ und der AKG zum Gegenstand.
Rechtlich blieb (und bleibt künftig) die Kommunistische Partei Österreichs die
Eigentümerin der Archiv- und Bibliotheksbestände und die AKG bleibt jene
Institution, der sie zur Erfüllung ihres Vereinszweckes leihweise zur Verfügung
gestellt werden. Der Vertrag hatte die Aufgabe dieses Verhältnis in klare und rechtlich
relevante Formen zu gießen. Über den Text wurde am 19. Juni Übereinstimmung
erzielt und der Vorstand der AKG genehmigte ihn in der Sitzung vom 2. Oktober
1995 mit kleinen Ergänzungen.
Ende Oktober erschienen in der Reihe Biografische Texte zur Geschichte der
österreichischen Arbeiterbewegung, die seinerzeit von der Historischen
Kommission der KPÖ betreut wurde, die Erinnerungen von Vinzenz Böröcz, des
Mitbegründers und Vorstandsmitglieds der AKG, der 1994 verstorben war. Ab dem
Böröcz-Band übernahm die AKG die Herausgabe dieser Reihe.
Die alljährliche Generalversammlung der AKG am 18. November 1995 fand diesmal
in neuer Form statt. Auf Einladung von Präsident Hautmann hielt Univ.-Prof. Dr.
Gerhard Jagschitz, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität
Wien, einen Vortrag mit dem Titel Ein Jahr EU-Mitgliedschaft Österreichs –
Ergebnisse und Erfahrungen. Jagschitz, ein bekannter Faschismus-Forscher, zählt
zu den Protagonisten der Anti-EU-Bewegung in Österreich. In seinem Referat ging
er auf die Bilanz des ersten Jahres der EU-Mitgliedschaft Österreichs ein,
schilderte die Mittel und Methoden der EU-Lobby im Vorfeld der Volksabstimmung
und erörterte neben den konkreten Auswirkungen des Vollbeitritts für die
österreichische Bevölkerung auch die Zukunftsperspektiven der Anti-EU-Bewegung.
Im Anschluss daran beantwortete er Diskussionsbeiträge und Anfragen aus dem
Auditorium. Die Ausführungen von Univ.-Prof. Jagschitz wurden von den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Generalversammlung als wertvoller
Informationsgewinn empfunden.
Seither ist es Brauch, die Generalversammlungen mit Vorträgen von Gästen
einzuleiten, sie auf diese Weise ansprechender zu gestalten und ihnen den
Charakter einer bloßen Pflichtübung zur Erfüllung des Vereinsrechts zu nehmen.
Eine Diskussion entwickelte sich um den Antrag des Mitglieds Valentin Strecha,
den § II. (3) des Statuts umzuformulieren. Mehrere Delegierte plädierten mit
der Begründung, dass der Passus der gegenwärtigen politischen Lage nicht mehr
entspreche, für einen anderen und über den Strecha-Antrag teilweise
hinausgehenden Wortlaut. Präsident Hautmann schlug vor die einzelnen
Textvarianten dem Vorstand zu übermitteln, um sie in diesem Gremium in Ruhe
beraten zu können und den am besten geeigneten Wortlaut auszuformulieren.
Dieser Vorschlag wurde angenommen. Die Generalversammlung 1996 beschloss dann
folgenden neuen Wortlaut des § II. (3):
„Wiederherstellung der durch den EU-Beitritt eingeschränkten Souveränität und
Neutralität der demokratischen Republik Österreich; Förderung des
österreichischen Nationalbewusstseins und humanistischer sowie
internationalistischer Gesinnung.“
Ein weiterer Beschluss betraf die Kooptierung von Mag. Heimo Halbrainer in den
Vorstand, eines Historikers aus Graz, dessen Forschungsschwerpunkt der
kommunistische Widerstand in der Steiermark während der NS-Zeit ist.
Das Jahr 1996
Nachdem von Vizepräsidenten Dr. Oberkofler, Leiter des Universitätsarchivs
in Innsbruck, der Entwurf einer Benützungsordnung erstellt worden war,
beschloss der Vorstand Anfang 1996 den definitiven Text. Es war das eine
komplizierte Materie, weil einschlägige gesetzliche Bestimmungen wie
Urheberrecht, Datenschutzgesetz und Personenstandsgesetz berücksichtigt werden
mussten. Die AKG orientierte sich dabei am allgemeinen Standard der Ordnungen
in den österreichischen Archiven. Die Benützungsordnung hat folgenden Wortlaut:
Alfred Klahr Gesellschaft. Archiv- und Bibliotheksverein
Benützungsordnung
Die Benützungsordnung dient den in den Statuten der „Alfred Klahr Gesellschaft.
Archiv- und Bibliotheksverein“ (in der Folge: AKG) festgelegten Zwecken, in
denen es heißt: „Verwahrung, Verwaltung und wissenschaftliche Erschließung der
Archiv- und Bibliotheksbestände der Kommunistischen Partei Österreichs und
ihrer Leihgaben mit dem Ziel, sie als ein nationales Kulturgut zu sichern.“ –
„Mit seiner Tätigkeit will der Verein einen weiteren Beitrag zur Erforschung
und Aufarbeitung der Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung leisten.“
§1 Das Archiv und die Bibliothek der AKG sind öffentlich zugänglich. Jeder
Benützerin/Jeder Benützer ist verpflichtet, sich zu Beginn der Arbeit der
wissenschaftlichen Leiterin/dem wissenschaftlichen Leiter persönlich und mit
einem Lichtbildausweis ausgewiesen vorzustellen. Sie/Er verpflichtet sich
darüber hinaus, die nachstehende Benützungsordnung sowie die Weisungen des
Archivpersonals zu befolgen. Um die Benützungsbewilligung ist schriftlich bei
der wissenschaftlichen Leiterin/beim wissenschaftlichen Leiter anzusuchen. Wird
sie verweigert, kann dagegen beim Vorstand der AKG Einspruch erhoben werden.
§2Jede Benützerin/Jeder Benützer hat das Benützungsformular für jedes
bearbeitete Thema vollständig auszufüllen. Dem Benützungsformular wird eine
Kopie jener Seiten des Personaldokumentes beigegeben, aus denen Ausstellungsort, Datum, Behördennummer und Foto samt Unterschrift ersichtlich
sind.
§3 Folgende Bestände sind gegen die vom Vorstand der AKG festgesetzte
Benützungsgebühr ohne Einschränkung zugänglich:
a) der gesamte Bibliotheksbestand;
b) das „Schnittarchiv“ (eine Sammlung von Zeitungsausschnitten);
c) das „Wirtschafts- und Industriearchiv“ (eine Sammlung von
Zeitungsausschnitten).
§4 Die Erteilung der Benützungsgenehmigung begründet keinen Anspruch auf
Einsicht in Findbücher, Karteien und andere Findhilfsmittel zur Ermittlung und
Auswertung von Archivalien.
§5 Befinden sich Archivalien bereits in Benützung, hat keine andere
Benützerin/kein anderer Benützer Anspruch auf deren Aushändigung.
§6 Die Bearbeitung der vorgelegten Archivalien hat prinzipiell in den dafür
vorgesehenen Räumlichkeiten des Archivs der AKG zu erfolgen.
§7 Die Ausgabe der Archivalien erfolgt nach den Möglichkeiten der
wissenschaftlichen Leiterin/des wissenschaftlichen Leiters der AKG bzw. des
Archivpersonals.
§8 Der Abschluss der Archivarbeit sowie jede Unterbrechung derselben für mehr
als vier Wochen ist der Archivleitung anzuzeigen.
§9 Für die Benützung der Archivalien des Archivs der AKG besteht eine gleitende
Archivsperre von dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der
Aktenvorgang abgeschlossen worden ist. Für Personalakten sowie für auf Personen
speziell bezugnehmende Akten beträgt die Sperrfrist dreißig Jahre nach dem Tod
des Betreffenden. Ein Gleiches gilt von Akten, die Rechte Dritter tangieren, für
deren Person. Für spezielle und ausgesprochen KPÖ-interne Akten bedarf der
Zugang einer gesonderten Zustimmung der wissenschaftlichen Leiterin/des
wissenschaftlichen Leiters im Einvernehmen mit dem Vorstand der AKG und dem
Eigentümer dieser Akten.
§10 Ausnahmen von der Archivsperre können nur in besonderen Fällen und im Falle
besonderer Qualifikation der Benützerin/des Benützers für diese/diesen
persönlich auf schriftlichen Antrag vom Vorstand der AKG im Einvernehmen mit
der wissenschaftlichen Leiterin/dem wissenschaftlichen Leiter des Archivs der
AKG gewährt werden, wobei besonders auf die Einhaltung des Datenschutzgesetzes,
des Urheberrechtes, des Personenstandsgesetzes und gleichzuhaltender
gesetzlicher Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung zu achten ist. Die
AKG hat das Grundrecht zu beobachten, dass jedermann Anspruch auf Geheimhaltung
der ihn betreffenden personenbezogenen Daten besitzt, soweit er daran ein
schutzwürdiges Interesse, insbesondere in Hinblick auf Achtung seines Privat-
und Familienlebens, hat. Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention gilt,
dass im Zweifelsfall der Geheimhaltung der Vorrang zu geben ist, dass also das
private Interesse gegenüber einem öffentlichen überwiegen soll.
§11 Benützungsansuchen sind ohne Rücksicht auf die Entstehungszeit der
Archivalien und die Qualifikation der Benützungswerberin/des Benützungswerbers
abzuweisen, wenn dies aus folgenden Gründen geboten erscheint:
a) im überwiegenden Interesse der in ihren Statuten formulierten Zielsetzungen
der AKG;
b) wenn rechtsgültige Verfügungsbeschränkungen von Privatpersonen vorliegen,
wie Anordnungen einer Erblasserin/eines Erblassers oder einer Erbin/eines Erben
betreffend Nachlass;
c) wenn die Benützung von Archivalien wegen noch vorzunehmender Ordnungsarbeiten
vorübergehend nicht möglich ist.
§12 Die Anfertigung von Foto- bzw. Xerokopien von Archivalien und Fotos ist mit
Ausnahme geschlossener Bestände gegen eine Bearbeitungs- und Schutzgebühr nach
dem jeweils geltenden Tarif möglich. Die Genehmigung zur Anfertigung von Fotos
und Kopien erteilt die wissenschaftliche Leiterin/der wissenschaftliche Leiter
des Archivs der AKG. Die Kosten trägt die Benützerin/der Benützer.
§13 Die Einholung entsprechender Reproduktionserlaubnisse ist Sache der
Benützerin/des Benützers. Die Reproduktion muss gemäß den Bestimmungen des
Urheberrechtsgesetzes erfolgen. Die Benützerin/Der Benützer haftet für
Forderungen als Folge nicht eingeholter Bildrechte bzw. unkorrekter
Quellennachweise.
§14 Sind für die Beantwortung von Anfragen an das Archiv der AKG seitens der
wissenschaftlichen Leiterin/des wissenschaftlichen Leiters aufwändige
Recherchen notwendig, ist von dieser/diesem eine vorher festgesetzte und
mitgeteilte Bearbeitungsgebühr einzuheben.
§15 Jede Benützerin/Jeder Benützer ist verpflichtet, bei Zitaten, die sich auf
Bestände des Archivs der AKG beziehen, die Herkunft genau und vollständig
anzugeben.
§16 Für Inhalt und Form der auf Beständen des Archivs der AKG beruhenden
Veröffentlichungen übernimmt die AKG keine Verantwortung.
§17 Von allen Veröffentlichungen, die auf Archivalien des Archivs der AKG
beruhen, ist für die Bibliothek der AKG ein Belegexemplar unaufgefordert und
kostenlos zur Verfügung zu stellen.
§18 Die Archivalien und Bücher sind sorgfältig zu behandeln und vor jeder
Beschädigung zu bewahren. Insbesondere ist streng darauf zu achten, dass sie in
ihrer Reihung und Anordnung nicht verändert und nicht mit anderen Beständen
vermischt werden. Für von ihr/ihm verursachte Schäden an Akten, Fotos u.a. ist
die Benützerin/der Benützer haftbar.
§19 Die Bibliothek des Archivs der AKG ist eine Präsenzbibliothek.
§20 Taschen müssen vor Beginn der Arbeit in den dafür vorgesehenen Kästen
deponiert werden.
§21 In den Räumen des Archivs der AKG besteht Rauch-, Ess- und Trinkverbot.
§22 Im Falle der Nichteinhaltung der Benützungsordnung ist von der
wissenschaftlichen Leiterin/dem wissenschaftlichen Leiter der AKG das Recht zur
weiteren Benützung zu entziehen. Dagegen kann die Benützerin/der Benützer beim
Vorstand der AKG Einspruch erheben.
Weiters wurde eine Hausordnung ausgearbeitet und beschlossen, in der solche
Dinge wie die Sicherung gegen Feuergefahr und gegen Einbruch sowie das
Verhältnis zur mitbenützenden Organisation des Hauses in der Drechslergasse,
der Bezirksorganisation Penzing der KPÖ, geregelt wurden.
Eine höchst erfreuliche Initiative, die der AKG 1996 zugute kam, ging von der
Kulturvereinigung der Polizeibediensteten aus, einer Organisation, die nach
1945 von den Kommunisten in der Wiener Polizei gegründet wurde, seinerzeit
viele Mitglieder hatte und eine sehr ersprießliche Tätigkeit entfaltete. Im
Zuge der Auflösung dieser Vereinigung wurde ein Teil des Vereinsvermögens der
AKG als Spende zur Verfügung gestellt, eine beträchtliche Summe, die zur
Verbesserung der technischen Ausstattung des Archivs und Bürobetriebes
verwendet wurde. Darüber hinaus erbte die AKG die Bibliothek der ehemaligen
Kulturvereinigung mit sehr schönen und wertvollen Beständen.
Zu den bereits bestehenden Verbindungen zu einschlägigen Institutionen im In-
und Ausland kamen 1996 zwei weitere Verbindungen in Form eines korporativen
wechselseitigen Mitgliedsbeitritts hinzu, zur Theodor-Kramer-Gesellschaft und
zur Jura-Soyfer-Gesellschaft in Wien. Auch zum Widerstandsmuseum in Ebensee
wurden Kontakte aufgenommen. Mit den genannten Institutionen findet seither ein
regelmäßiger Austausch an wissenschaftlichen Informationen statt, der allen
Seiten Nutzen bringt.
Die Generalversammlung wurde am 9. November 1996 in Wien-Floridsdorf,
Galvanigasse 15–17, abgehalten. Den einleitenden Vortrag hielt Herr
Universitätsprofessor Dr. Ernst Bruckmüller vom Institut für Wirtschafts- und
Sozialgeschichte der Universität Wien, ein anerkannter Fachmann auf dem Gebiet
der österreichischen Nation. Das Referat widmete sich einem Teilbereich der
Thematik, der Frage nämlich, wie und in welchen Formen sich Nationalbewusstsein
– und im Konkreten das österreichische Nationalbewusstsein – über Bilder,
kollektive Erfahrungen und Erinnerungen, identitätsstiftende Objekte und
historische Ereignisse symbolisiert. Prof. Bruckmüller erläuterte dies anhand
der Ergebnisse jüngster Meinungsumfragen der empirischen Sozialforschung und
analysierte die aus ihnen hervorgehenden Trends, die insgesamt auf das
erfreuliche Resultat einer stetigen Erweiterung und Festigung des Bewusstseins
von der eigenständigen österreichischen Nation hinauslaufen. Im Anschluss daran
beantwortete er Diskussionsbeiträge und Anfragen aus dem Auditorium.
Nach einer Pause begann die eigentliche Generalversammlung mit dem Bericht des
Präsidenten Hautmann. Er wies darauf hin, dass das Hauptziel, die Bedingungen
für das normale, tagtägliche Funktionieren des Archiv- und Bibliotheksbetriebs
und die Benützbarkeit der Bestände für Außenstehende und deren
wissenschaftliche Arbeitsvorhaben herzustellen, noch nicht erreicht sei, weil
die Bestände derart groß sind, dass in der Drechslergasse
Unterbringungsprobleme entstanden. Wie sie gelöst werden können und sollen,
erläuterte der Bericht von Dr. Weinert, den für den krankheitshalber verhinderten
wissenschaftlichen Leiter der Präsident verlas. Der Vorschlag ging dahin, den
sehr umfangreichen und platzaufwändigen Bestand an Tageszeitungen, der für die
Zwecke der AKG, weil auch in anderen Bibliotheken vorhanden, nicht unbedingt
notwendig ist, zu veräußern und die zahlreichen Doubletten an Büchern
auszusortieren und an Antiquariate bzw. interessierte Mitglieder zu verkaufen.
Robert Bondy, der den Kassabericht erstattete, teilte mit, dass er seine
Funktion als Kassier mit Jahresende abgeben werde, weil er schon anlässlich der
Übernahme dieser Tätigkeit den Wunsch hatte, sie nur bis Ende 1995 auszuüben.
Seine Geschäfte übernahm bis zu der statutengemäß im Herbst 1997 von der
Generalversammlung durchzuführenden Neuwahl des gesamten Vorstandes der AKG das
Vorstandsmitglied Otto Podolsky.
Am 23. November 1996 fand in der Galvanigasse in Wien-Floridsdorf das Symposium
60 Jahre Internationale Brigaden statt, bei dem die AKG gemeinsam mit der KPÖ
und der Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der spanischen Republik
1936–1939 und Freunde des demokratischen Spanien als Veranstalter auftrat. Hans
Hautmann eröffnete die Tagung; die Referate hielten Alois Peter, Hans Landauer,
Manfred Mugrauer, Ana Pérez (Obfrau der Vereinigung der Freunde der Internationalen
Brigaden) und Walter Baier. Das ganztägige Symposium, das mit einer Ehrung der
noch lebenden österreichischen Interbrigadisten ausklang, war sehr gut besucht
und fand in den Medien Beachtung.
Das Jahr 1997
Durch die Größe der Archiv- und Bibliotheksbestände ergaben sich
Unterbringungsprobleme. Zum Teil mussten sie, noch in Schachteln, auf den
Gängen und im Veranstaltungssaal in der Drechslergasse deponiert werden. Bei
einem Teil war die AKG sogar gezwungen, sie in andere Lokalitäten auszulagern.
Immerhin gelang es, einen Teil der sehr platzbeanspruchenden Zeitungsbände und
-jahrgänge dank der Vermittlung von Prof. Oberkofler an die
Universitätsbibliothek Innsbruck zu verkaufen, Bestände, die in der
Drechslergasse nicht unbedingt benötigt werden, weil es sie in Dutzenden
anderen Wiener Bibliotheken auch gibt. Bei dem anderen, immer noch größeren
Teil der Zeitungsbestände wurden Verkaufsverhandlungen eingeleitet und im Laufe
des Jahres 1997 zum Abschluss gebracht. Dasselbe galt und gilt für die Bücher.
Die AKG hat einen großen und entsprechend platzraubenden Stock von Doubletten,
ja sogar Drei- und Vierfachexemplaren. Der Vorschlag diese Bestände
Interessierten anzubieten und an sie zu verkaufen wurde im Juni realisiert, als
für eine Woche eine Art Bücherbasar in der Drechslergasse abgehalten wurde. Im
Dezember 1997 folgte eine Wiederholung dieser Aktion.
Die beiden zentralen öffentlichen Veranstaltungen der AKG im Jahr 1997 waren
die Hommage für Karl Paryla und das Symposium 80 Jahre Oktoberrevolution.
Am 13. Juni 1997 hielt die AKG in der Wiener Urania eine Gedenkveranstaltung
für Karl Paryla und seine Jahre im Neuen Theater in der Scala ab. Die Idee dazu
wurde geboren, als beim Tod Karl Parylas am 14. Juli 1996 seiner Person von
Seiten offizieller Instanzen nicht jene Würdigung zuteil wurde, die diesem
Mann, einem der bedeutendsten österreichischen Schauspieler und Regisseure
unseres Jahrhunderts, gebührte. Bei vielen, die ihn kannten und als
Schauspieler erlebt haben, löste das, gelinde gesagt, Befremden aus. Das war
der Grund, warum wir uns in der AKG eines Tages den Kopf darüber zerbrachen,
wie man das wenigstens zum Teil wieder gutmachen könnte. Und das Ergebnis des
Nachdenkens war die Hommage.
Zwischen der Scala bzw. Paryla und der AKG bestand aber noch ein weiterer
wesentlicher Zusammenhang, der uns für eine derartige Initiative
prädestinierte. Die Scala als volksbildnerische Bühne, als Theater der
Werktätigen, war ein nicht wegzudenkender Bestandteil der kulturellen
Traditionen der KPÖ nach 1945 und hätte ohne die finanzielle, politische und
moralische Unterstützung seitens der KPÖ und ihrer Mitglieder sicherlich nicht
acht Jahre lang existieren können. Darüber hinaus vertritt die AKG jene
Prinzipien, denen sich die Mitglieder der Sozietät der Scala (Persönlichkeiten
wie Wolfgang Heinz, Emil Stöhr, Otto Tausig, Karl Paryla) stets verbunden
fühlten: die Parteinahme für die Ideale des Antifaschismus, der Demokratie, des
Sozialismus und des Friedens.
Schon im Zuge der organisatorischen Vorbereitung war zu verspüren, dass die AKG
mit der Hommage einem Wunsch nachkam, den viele als solchen empfanden. Alle von
uns angesprochenen Personen, die wir um Mitwirkung baten, waren für die Idee
von Anfang an eingenommen und sagten ihre Teilnahme spontan zu: Otto Tausig,
Lilly Schmuck-Tausig und Hella Reichmann-Ferstl als seinerzeitige Mitglieder
des Scala-Ensembles, Dr. Klara Hautmann-Kiss als einstige Bühnenbildnerin, Dr.
Evelyne Deutsch-Schreiner als Verfasserin einer 1992 erschienenen
Paryla-Biografie, Dr. Wilhelm Pellert als Autor der ersten wissenschaftlichen
Darstellung der Geschichte der Scala und Prof. Arthur West als Schriftsteller,
Publizist und persönlicher Freund Karl Parylas. Ihre Beiträge, Erzählungen,
Anekdoten, Rezitationen fanden beim Publikum in dem mit 150 Besuchern restlos
gefüllten Saal der Urania großen Anklang. Zwischendurch wurden Videosequenzen,
Tondokumente und Szenenfotos aus Scala-Aufführungen eingeblendet, in denen Karl
Paryla zu sehen und zu hören war. Die Moderation der über zwei Stunden
dauernden Veranstaltung besorgte der Präsident der Alfred Klahr Gesellschaft,
Hans Hautmann.
Die Hommage war für die AKG ein Schritt in ein Neuland der
Öffentlichkeitsarbeit, der Versuch Menschen aus der Sphäre der Kultur- und
Theaterschaffenden anzusprechen. Das Echo aus dem Publikum zeigte, dass das
Experiment erfolgreich war.
Bei dem Symposium 80 Jahre Oktoberrevolution am 8. November 1997 in Wien
fungierte die AKG neben der KPÖ, der KJÖ-Junge Linke und der Sozialistischen
Jugend Oberösterreich als Mitveranstalter und übernahm einen Teil der
organisatorischen Arbeiten. Auch hier war der Besuch mit über hundert
Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr gut, die Diskussion lebhaft und – wie bei
dem Thema kaum anders zu erwarten – kontroversiell. Die beiden Hauptreferate
hielten Prof. Dr. Harald Neubert, Mitglied des marxistischen Arbeitskreises bei
der Historischen Kommission der PDS, und Hans Hautmann, Letzterer zum Thema Die
Oktoberrevolution und Österreich. Im zweiten Teil des Symposiums diskutierten
Prof. Neubert, KPÖ-Vorsitzender Walter Baier und Miroslav Ransdorf,
stellvertretender Vorsitzender der KP Böhmens und Mährens, die Frage der
Zukunft des Sozialismus.
Von Willi Weinert stammte die Idee im Zusammenhang mit dem in den neuen
Mitgliedskarten der KPÖ von zwölf auf achtundvierzig Personen erweiterten Kreis
der Frauen und Männer des antifaschistischen Widerstandskampfes der KPÖ zu
diesen Namen eine Broschüre mit Kurzbiografien herauszubringen. Sie erschien,
herausgegeben von der AKG, mit einer von Willi Weinert verfassten historischen
Einleitung im Herbst 1997. Diese Publikation ist höchst informativ und
wertvoll, weil sie die überragende Rolle der österreichischen Kommunistinnen
und Kommunisten im Kampf gegen die barbarische Hitlerdiktatur, ihre Hingabe und
Opferbereitschaft für das Wiedererstehen eines unabhängigen, demokratischen
Österreich wie selten zuvor verdeutlicht.
Mit der Generalversammlung am 22. November 1997 in Wien-Floridsdorf,
Galvanigasse, trat insofern eine Zäsur ein, als die statutengemäß festgelegte
vierjährige Funktionsperiode des Vorstandes ablief und ein neuer Vorstand zu
wählen war. Vor dem Beginn der Generalversammlung fand ein Vortrag mit
anschließender Diskussion zum Thema Situation und Aktualität der
österreichischen Nation statt. Da der Referent, Prof. Felix Kreissler (Paris),
erkrankt war, wurden – in Absprache mit ihm – von Winfried Garscha Auszüge aus
seinem letzten Buch (Kultur als subversiver Widerstand) vorgetragen.
Die Neuwahl des Vorstandes brachte, bei jeweils einstimmigen Voten, folgendes
Ergebnis:
Präsident: Hans Hautmann
VizepräsidentInnen: Margareta Klug, Gerhard Oberkofler, Irma Schwager
Kassier: Otto Podolsky
Schriftführer: Winfried Garscha
Weitere Vorstandsmitglieder: Robert Bondy, Maria Cäsar, Irene Filip, Michael
Graber, Hanns Haas, Heimo Halbrainer, Anton Hofer, Claudia Kuretsidis-Haider,
Walther Leeb, Max Muchitsch, Manfred Mugrauer, Franz Muhri, Christine
Schindler, Rudolf Schober, Fini Seif, Erich Stöckl, Jakob Zanger, Heinz
Zaslawski
Über die Rechnungsprüfer wurde nicht abgestimmt, da deren Wahlperiode sechs
Jahre dauert.
Das Jahr 1998
Am 17. Jänner 1998 führte die AKG gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt
Wiener Neustadt, dem Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung Wien und dem
Industrieviertelmuseum Wiener Neustadt ein Symposium in der Aula der
Europa-Hauptschule in Wiener Neustadt durch, das die große
Generalstreikbewegung des Jänner 1918 für den Frieden zum Gegenstand hatte.
Referenten waren Rudolf Neck (Der Jännerstreik 1918 – eine historische Ortung im
Rahmen der Geschichte der Arbeiterbewegung), Wolfgang Maderthaner (Die
Streikbewegung des Jahres 1918 und die Reaktion des sozialdemokratischen
Parteivorstandes), Hans Hautmann (Die ökonomische, soziale und politische Lage
der österreichischen Industriearbeiter im ersten Weltkrieg) und Karl Flanner
(‘Das Gefühl des Menschseins wieder gegeben’ – Der Streik aus dem Leben der
Arbeiter). Die AKG übernahm einen Teil der organisatorischen
Vorbereitungsarbeiten und war mit ihren Mitgliedern und Freunden, die mit dem
Bus anreisten, stattlich im Publikum vertreten. In der regionalen Presse sowie
im niederösterreichischen Radio fand die Veranstaltung – übrigens die einzige
in Österreich, die zu diesem wichtigen Ereignis aus der Geschichte unserer
Arbeiterbewegung abgehalten wurde – ein positives Echo.
Anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Okkupation Österreichs durch
Hitlerdeutschland fand am 11. März 1998 in Wien-Alsergrund,
Maria-Theresien-Straße 11, eine Gedenkveranstaltung statt, zu der die KPÖ
gemeinsam mit der AKG einlud. Neben einer Video-Vorführung und Lesung hielten
Walter Baier, Bundesvorsitzender der KPÖ, und Winfried Garscha,
Präsidiumsmitglied der AKG, Reden, Letzterer zum Thema Der März 1938 in der
österreichischen Geschichte.
Im April 1998 wurde der Plan ventiliert und im Vorstand diskutiert in
absehbarer Zukunft ein Jahrbuch der AKG ähnlich dem des Dokumentationsarchivs
des österreichischen Widerstandes herauszugeben. Die Absicht, die damit
verfolgt werden sollte, bestand darin, umfangreichere wissenschaftliche
Arbeiten zur Geschichte der Arbeiterbewegung, basierend auch auf unseren
Archivbeständen, zu publizieren und dafür qualifizierte Historikerinnen und
Historiker heranzuziehen. Man einigte sich, vorerst einen Art Probeband
herauszubringen, der gleichzeitig auch als Referenzband fungieren soll, in dem
sich die AKG ausführlich der Öffentlichkeit vorstellt und mit dem die AKG durch
interessante wissenschaftliche Beiträge für die Güte ihrer Arbeit den Nachweis
erbringen will. Das Ergebnis dieser Diskussion ist die vorliegende Schrift.
Die internationalen Verbindungen erfuhren 1998 ebenfalls eine Bereicherung. Im
August besuchte Frau Dr. Ana Pérez Österreich und hatte mit Irene Filip und
Hans Hautmann in Linz eine Besprechung, in der es um die Kooperation der AKG
mit dem Dokumentationszentrum der Internationalen Brigaden mit Sitz im
Historischen Bezirksmuseum in Albacete ging. Diese Vereinbarung wurde im
Vorstand besprochen und von diesem befürwortet. Ihr Inhalt ist die
Bereitschaftserklärung der AKG Materialien aus unserem Archiv über die
österreichischen Spanienkämpfer der Vereinigung der Freunde der
Interbrigadisten in Spanien in Form von Kopien bzw. Mikrofilmen zur Verfügung
zu stellen und zu diesem Zweck die bei uns befindlichen Dokumente gründlich zu
sichten und zu katalogisieren. Diese Arbeit haben im Zusammenwirken mit Willi
Weinert die beiden Vorstandsmitglieder Irene Filip und Manfred Mugrauer
übernommen. Der Kooperationsvertrag mit Albacete war ein positiver Schritt im
Hinblick auf die Verbreiterung der Kontakte der AKG zu befreundeten
Organisationen im Ausland und der Anbahnung einer engeren Zusammenarbeit mit
ihnen.
Die dritte und größte öffentliche Veranstaltung der AKG im Jahr 1998 war das
Symposium 1848–1918. Die beiden bürgerlich-demokratischen Revolutionen
Österreichs im historischen Vergleich. Es fand am 31. Oktober von 10 bis 17 Uhr
im Saal der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten in der Maria-Theresien-Straße
statt. Referenten waren Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Häusler (‘Noch sind nicht alle
Märzen vorbei.’ Zur politischen Traditionsbildung der österreichischen
Revolution von 1848), Univ.-Prof. Dr. Hans Hautmann (‘Alles, was
Produktionsmittel ist, muss den Arbeitern gehören.’ Klassenkräfte und
Klassenkämpfe in der österreichischen Revolution 1917–1920) und Univ.-Doz. Dr.
Gabriella Hauch (‘Von Schwestern und Genossinnen.’ Handlungsspielräume von
Frauen in den Revolutionen von 1848 und 1918). Das Symposium fand bei den etwa
80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen positiven Widerhall, was sich auch in
der lebhaften Diskussion zu den drei Referaten äußerte, die als
wissenschaftlich anregend empfunden wurden und Neues beinhalteten. Den Vortrag
von Gabriella Hauch brachten die »Mitteilungen« der AKG in der Nr. 4, Dezember
1998.
Den Gastvortrag auf der Generalversammlung am 14. November 1998 hielt der
Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, Honorarprofessor Dr. Lorenz
Mikoletzky, zum Thema Das (staatliche) österreichische Archivwesen unter
besonderer Berücksichtigung des Archivs der Republik. In der Diskussion,
geführt von Schönfeld, Graber, Zaslawski, Anthofer und Podolsky, wurden Fragen
zu den Archivsperren, der Abgabepflicht der Akten sowie den Kontrollmechanismen
des Staates und des Datenschutzes erörtert. Weinert und Hautmann zeigten dem
Gast die Bestände des Archivs und der Bibliothek der AKG in der Drechslergasse.
Abschließend lud Generaldirektor Mikoletzky die Mitglieder und den Vorstand der
AKG zu einer Führung im Österreichischen Staatsarchiv ein und bot an, in seinem
Haus eine Veranstaltung der AKG durchführen zu lassen.
Dr. Margarete Klug schied aus Krankheitsgründen als Vizepräsidentin aus dem
Vorstand aus. Zur neuen Vizepräsidentin wurde Mag. Claudia Kuretsidis-Haider
bestimmt. Mag. Konstantin Putz, ein Historiker aus Oberösterreich, wurde
einstimmig in den Vorstand kooptiert.
Das Jahr 1999
Eine der Haupttätigkeiten der AKG im Jahr 1999 war die Vorbereitung des
„Referenzbandes“, zu dem Präsident Hautmann in der Vorstandssitzung am 15.
Februar ein Dispositionspapier über Inhalt, Finanzierung und Vertrieb vorlegte.
Als Endtermin der Ablieferung der Beiträge wurde der 1. Oktober 1999
festgelegt.
Am 12. April 1999 kam der Vorstand der AKG und eine Reihe von Mitgliedern der
Einladung von Generaldirektor Mikoletzky nach und besuchte das Österreichische
Staatsarchiv in Wien-Landstraße, Nottendorfer Gasse 2. Die von Generaldirektor
Mikoletzky amüsant und kurzweilig gestaltete Führung durch die mit modernsten
technischen Einrichtungen versehenen Archivräumlichkeiten dauerte eine Stunde.
Im Anschluss daran fand in der Drechslergasse eine Vorstandssitzung statt.
Schon Ende 1998 wurde bei der Erörterung der Aktivitäten der AKG im Jahr 1999
von Präsident Hautmann der Vorschlag gemacht, aus Anlass des 40. Jahrestages
der Weltjugendfestspiele in Wien 1959 dazu eine Veranstaltung durchzuführen. In
den Vorstandssitzungen am 15. Februar, 12. April und 21. Juni wurde der Plan
konkretisiert. Die Veranstaltung, die am 10. September 1999 in der
Maria-Theresien-Straße stattfand, war mit über 200 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern die bis dahin bestbesuchte der AKG. Es zeigte sich, dass mit dieser
Idee die AKG einem Wunsch vieler nachkam, die damals als FÖJler dabei waren und
denen der Abend Gelegenheit gab wieder zusammenzutreffen, alte Bekanntschaften
aufzufrischen und Erinnerungen auszutauschen. Präsident Hautmann moderierte,
führte Gespräche mit dem damaligen Bundessekretär der FÖJ, Karl Reiter, sowie
mit Gisela Streiter, die den Tag der Mädchen im Rahmen des Festivals
mitorganisiert hatte, und verlas Geheimberichte des seinerzeitigen Chefs der
Staatspolizei, Oswald Peterlunger, über das Festival, die mit ihrer
unfreiwilligen Komik Heiterkeit erregten. Es wurden Fotos über einen
Diaprojektor gezeigt und zuletzt ein halbstündiger Schwarzweißfilm aus dem Archiv
der AKG, eine sowjetische Produktion mit deutschem Text, die in Inhalt, Form
und Machart selbst schon ein zeitgeschichtlich hochinteressantes Dokument
darstellt. Der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer emotional sehr berührende
Abend dauerte, mit einer Pause, fast drei Stunden.
Zum Wiener Festival von 1959 erschien in der September-Nummer 1999 der
»Mitteilungen« der AKG auch ein ausführlicher Artikel, den Hans Hautmann
verfasste.
Die Generalversammlung am 13. November 1999 wurde mit einem Vortrag von Rechtsanwalt
Dr. Alfred-Johannes Noll zum Thema „Humanitäre Intervention' - ein legitimer
Kriegsgrund? eingeleitet. Im Zusammenhang mit dem Krieg der NATO gegen
Jugoslawien legte er dar, dass die Intervention keine legale völkerrechtliche
Grundlage besaß, der Charta der Vereinten Nationen widersprach und darauf
abzielte, eine Militärallianz (die NATO) an die Stelle einer internationale
Organisation (der UNO) zu setzen. Bei der Neuwahl der RechnungsprüferInnen
wurden Maria Jahnas, Gertrude Springer und Heinz Allwein in ihrer Funktion
bestätigt.
Das Jahr 2000
Im Mittelpunkt der Tätigkeit des Jahres 2000 standen die Herausgabe des
vorliegenden Sammelbandes Quellen und Studien. Die Alfred Klahr Gesellschaft
und ihr Archiv. Beiträge zur österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts
sowie die Vorbereitung und Organisation des Symposiums Der große Streik des
September/Oktober 1950. Weiters wurde eine Liste mit Vorschlägen für
Diplomarbeiten und Dissertationen erstellt, deren Zweck es ist, Studentinnen
und Studenten der Geschichtswissenschaft, Politologie und Publizistik dazu zu
motivieren, bislang unzulänglich erforschte Themenbereiche aus der Geschichte
der KPÖ und der österreichischen Zeitgeschichte auf der Basis der reichen
Bestände des Archivs der AKG in Angriff zu nehmen.
Die hier angeführten Aktivitäten in den sechs Jahren des Bestehens der AKG
waren nur die wichtigsten. Die alltägliche Kleinarbeit, bewältigt vom
Dreigestirn Weinert, Seif und Podolsky, gab dafür die unentbehrliche Basis ab.
Dafür sei den Genannten herzlich gedankt.
(Abgeschlossen Ende
September 2000)
Beitrag im Referenzband der Alfred Klahr Gesellschaft "Quellen
und Studien 2000. Die Alfred Klahr Gesellschaft und ihr Archiv. Beiträge zur österreichischen
Geschichte des 20. Jahrhunderts". Wien 2000
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