| | Antrag der Alfred Klahr Gesellschaft abgelehnt
Laut Mitteilung der Österreichischen Post AG,
Fachabteilung Philatelie vom 15. Juli 2003 wurde dem Antrag der Alfred Klahr
Gesellschaft, anlässlich des 100. Geburtstages des kommunistischen Theoretikers
und Widerstandskämpfers eine Sonderbriefmarke herauszugeben, nicht entsprochen.
Die Alfred Klahr Gesellschaft hatte den Antrag, auf diese Weise an den immer
noch zu wenig gewürdigten und bekannten Österreicher zu erinnern, im März
gemeinsam mit zahlreichen Stellungnahmen namhafter Persönlichkeiten aus
Wissenschaft und Politik eingebracht. Neben Univ.-Prof. Dr. Felix Kreissler,
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Häusler, Dr. Konstantin Kaiser, Hon.-Prof. Dr. Lorenz
Mikoletzky, Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer und Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl
signalisierte auch der Wiener Bürgermeister Dr. Michael Häupl Unterstützung für
das Anliegen der Alfred Klahr Gesellschaft.
Die österreichische Postverwaltung hat zwar in den letzten Jahrzehnten
gelegentlich in allgemeiner Form an die Männer und Frauen des
antifaschistischen Widerstandes erinnert, darüber hinaus erschienen selbst in
den neunziger Jahren zwei Sonderbriefmarken zu Ehren von Franz Jägerstätter
und Käthe Leichter, jedoch hat von den zahlreichen österreichischen
KommunistInnen, die dem NS-Terror zum Opfer fielen, bisher niemand eine
Briefmarke erhalten. Nunmehr wurde uns von der Fachabteilung Philatelie
mitgeteilt, dass die „Ausgaberichtlinien im Einvernehmen mit dem
Philateliebeirat“ dahingehend geändert wurden, „dass Jubiläen von Persönlichkeiten
nur mehr vereinzelt mit Sondermarken gewürdigt werden und vermehrt aktuelle Anlässe
wie Festspiele, Konzerte usw., die für eine breite Öffentlichkeit von
Bedeutung sind, auf Marken abgebildet werden“. Im Klartext: Die Bedeutung etwa
des Rolling Stones-Konzertes am 18. Juni dieses Jahres gilt es für „eine
breite Öffentlichkeit“ auch noch durch die Ausgabe eines entsprechenden
Briefmarkenblocks zu unterstreichen, während die Widerstandsthematik weiterhin
im öffentlichen Bewusstsein zu einem Schattendasein verurteilt bleiben muss.
Auch für die Österreichische Post AG hat Eventkultur Vorrang vor der
Erinnerung an jene Frauen und Männer wie eben Alfred Klahr, denen die Republik
Österreich ihr Wiedererstehen verdankt.
Antrag der Alfred Klahr Gesellschaft vom 28.3.2003 an die
Österreichische Post AG
Stellungnahmen von
em. Univ.-Prof. Dr. Félix Kreissler, Österreichisches
Studien- und Forschungszentrum, Universität Rouen (Frankreich)
o. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Häusler, Institut für Österreichische
Geschichtsforschung, Universität Wien
em. Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, Institut für
Zeitgeschichte, Universität Wien
Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky, Generaldirektor des
Österreichischen Staatsarchivs
Dr. Konstantin Kaiser, Vorsitzender der Österreichischen
Gesellschaft für Exilforschung
Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer, wissenschaftlicher
Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Univ.-Prof. Dr. Ernst Bruckmüller, Institut für
Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien
Dr. Michael Häupl, Bürgermeister der Stadt Wien
Österreichische Post AG
Fachabteilung Philatelie, z.H. Andreas Dumberger
Zollergasse 31
1070 Wien
Wien, 28. März 2003
Ansuchen um eine Sonderbriefmarke zum 100. Geburtstag von Dr. Alfred Klahr
Sehr geehrter Herr Dumberger,
im September 2004 jährt sich zum hundertsten Mal der Geburtstag von Dr.
Alfred Klahr, der im Sommer 1944, nachdem man seine Flucht aus dem
Vernichtungslager Auschwitz organisiert hatte, in Warschau durch Kugeln aus den
Waffen der ihn verfolgenden SS ermordet wurde. Alfred Klahr beschäftigte sich
Mitte der dreißiger Jahre wissenschaftlich mit der Frage einer eigenständigen
österreichischen Nation, womit er auch einen wichtigen Beitrag zum
Widerstandskampf gegen die Besetzung Österreichs durch das
nationalsozialistische Deutschland leistete.
Aus Anlass seines hundertsten Geburtstages möchten wir mit dem Antrag an Sie
herantreten, diesen bedeutenden und leider immer noch zu wenig gewürdigten und
bekannten Österreicher mit jüdischen Wurzeln, der einen nicht wegzudenkenden
Beitrag zur Entwicklung eines österreichischen Nationalbewusstseins geleistet
hat, mit einer Sonderbriefmarke zu würdigen.
Beiliegende Informationen enthalten weitete Angaben zu Leben und Werk von Alfred
Klahr, eine Auswahlbibliographie zu Alfred Klahr und zur Frage der österreichischen
Nation, sowie daraus entnommene Stimmen zur von Klahr entwickelten Theorie der
österreichischen Nation. In der Anlage finden Sie auch mehrere Stellungnahmen
namhafter österreichischer Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die den
Vorschlag der Alfred Klahr Gesellschaft unterstützen. Univ.-Prof. Dr. Felix
Kreissler (Universität Rouen) weist im Anschluss in die Gründung des Österreichischen
Studien- und Forschungszentrums in Rouen auf den Anteil von Alfred Klahr „an
der Internationalisierung der österreichischen Problematik“ hin, Univ.-Prof.
Dr. Wolfgang Häusler unterstreicht in seinem Schreiben die aktuelle Bedeutung
des Denkens von Alfred Klahr vor dem Hintergrund „der Herausforderungen, die
sich für Österreich aus der Neugestaltung Europas und den Tendenzen der
Globalisierung ergeben“. Dr. Konstantin Kaiser, Vorsitzender der Österreichischen
Gesellschaft für Exilforschung, hebt die Bedeutung von Klahrs Schriften für
das Eintreten der Exilierten für die Wiederherstellung eines unabhängigen und
demokratischen Österreich hervor. Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky,
Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, weist darauf hin, dass sich
in den letzten Jahrzehnten nicht viele Briefmarken der „Widerstandsthematik“
angenommen haben. Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer wertet im Namen des
Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes die Herausgabe einer
Sonderbriefmarke als „sachlich gerechtfertigt und angemessene Auszeichnung für
eine bedeutende Persönlichkeit der österreichischen Geschichte“.
Damit verbleibe ich in der Hoffnung um positive Erledigung unseres Ansuchens mit
vorzüglicher Hochachtung,
ao. Univ.-Prof. Dr. Hans Hautmann
Präsident der Alfred Klahr Gesellschaft
Univ.-Prof. Dr. Félix Kreissler
Montreuil/Frankreich, 10. März 2003
Endesgefertigter, em. Universitätsprofessor Dr. Felix Kreissler, schließt
sich zutiefst dem Vorschlag der Alfred Klahr Gesellschaft an, aus Anlass des
100.Geburtstages dieses österreichischen Wissenschaftlers, eine
Sonderbriefmarke zu seinen Ehren zu edieren.
Ich kann dieses geplante Vorhaben aus mehreren Gründen befürworten. Alfred
Klahr war mir bereits in den 30er Jahren ein Begriff als Begründer und
Verteidiger der Idee einer eigenständigen österreichischen Nation und seine
Artikel haben mich selbst zu einem überzeugten Österreicher gemacht. Persönlich
machte ich die Bekanntschaft Alfred Klahrs im Jahre 1940, wo ich in Toulouse die
Gelegenheit hatte, mit ihm mehrere Gespräche zu führen, die mich in meinem
Willen bestärkten, mich an der Verteidigung des österreichischen
Nationalgedankens zu beteiligen, was sich in meiner Teilnahme am Widerstand
umsetzte.
Nach meiner Rückkehr aus der Deportation nach Buchenwald baute ich meine
wissenschaftliche Tätigkeit im Wesentlichen auf den Anregungen auf, die ich von
Alfred Klahr empfangen habe.
In diesem Sinne gründete ich an der Universität Rouen ein „Österreichisches
Studien- und Forschungszentrum“ und redigierte meine Habilitationsschrift mit
dem Titel „Der Österreicher und seine Nation – ein Lernprozess mit
Hindernissen“, deren französische Ausgabe in der hiesigen Germanistik ein
wachsendes Interesse für Österreich und dessen Kultur hervorrief, wie übrigens
auch die zahlreichenden folgenden Publikationen über Österreich, die vom
Verlag der Universität Rouen bis heute regelmäßig herausgebracht werden.
Somit hat Alfred Klahr auch an der Internationalisierung der österreichischen
Problematik einen wesentlichen Anteil. Eine ihm gewidmete Sonderbriefmarke wäre
eine gebührende Anerkennung des Wirkens Alfred Klahrs.
Felix Kreissler
o. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Häusler
Institut für österreichische Geschichtsforschung, Universität Wien
Wien, 6. März 2002
Stellungnahme zur Herausgabe einer Sonderbriefmarke anlässlich des 100.
Geburtstages von Dr. Alfred Klahr
Als Vertreter des Faches Österreichische Geschichte an der Wiener Universität
erlaube ich mir, die Pflege des Gedankens an Dr. Alfred Klahr durch Ausgabe
einer Sonderbriefmarke der Österreichischen Postverwaltung zu befürworten.
Klahr hat in der Krise der Ersten Republik und des Untergangs der Demokratie in
Österreich als erster eine gültige historisch-politische Analyse der
Entwicklung der „Österreichischen Nation“ geleistet.
Für die Widerstandsbewegung, deren Anliegen mit dem Kampf gegen die
Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus das Wiedererstehen eines
demokratischen österreichischen Staates war, trat Klahr mit dem Einsatz seines
Lebens ein. Dennoch ist sein Andenken in der österreichischen Historiographie
und im allgemeinen Geschichtsbewusstsein kaum verankert. Die von Klahr
eingeleitete Diskussion über das Verhältnis von Nation, Politik und
Kultur sollte angesichts der Herausforderungen, die sich für Österreich aus
der Neugestaltung Europas und den Tendenzen der Globalisierung ergeben, wieder
aufgegriffen und intensiviert werden. Das „Niemals vergessen!“ als Fundament
eines demokratischen österreichischen Selbstbewusstseins und Staatsbürgertums
verdient Erinnerung und Gedenken, zugleich an den ersten und einen der
bedeutendsten Vorkämpfer des historischen Konzepts und der Idee der
Nation Österreichs.
Bei der künstlerischen Gestaltung wäre als Grundlage gewiss an das einzig
erhaltene Porträt Klahrs zu denken, doch sollte jedenfalls das Klahrs Leben und
Werk leitende Prinzip des Widerstandes zum Ausdruck kommen. Ein Konzept von
einem engagierten Künstler einzuholen – ich denke insbesondere an Alfred
Hrdlicka – könnte eine starke, dem wichtigen Thema angemessene künstlerische
Aussage ermöglichen.
Dr. Wolfgang Häusler
Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl
Wien, 4. März 2003
Aus Anlass des 100. Geburtstages von Dr. Alfred Klahr im September 2004 befürworte
ich wärmstens die Ausgabe einer Sonderpostmarke zum Gedenken an Dr. Klahr. Er
war einer der frühesten Verfechter einer eigenständigen österreichischen
Nation bereits in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts. Als Flüchtling war
er im Sommer 1941 in der Schweiz für die österreichische Widerstandsbewegung tätig.
Nach seiner Verhaftung durch die Zürcher Kantonspolizei im September 1941 wurde
er zunächst an die französische Vichy-Polizei ausgeliefert, die ihn im Lager
Le Vernet internierte. Von dort wurde er im August 1942 in das KZ Auschwitz
deportiert. Nach neuerlicher Flucht Ende Juni 1944 wurde er in Warschau von
einer SS-Streife erschossen. Als weitgehend vergessener österreichischer
Patriot und Widerstandskämpfer hat er sich dieses Zeichen der Erinnerung mehr
als verdient.
em. Univ.- Prof. Dr. Erika Weinzierl
Österreichisches Staatsarchiv – Der
Generaldirektor
Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky
Wien, 3. März 2003
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit größtem Interesse darf ich Ihren Vorschlag zur Kenntnis nehmen, einen
Antrag an die österreichische Post zu stellen, zum 100. Geburtstag von Dr.
Alfred Klahr eine Gedächtnismarke herauszubringen.
Klahr gehört nicht nur zu den wesentlichsten Vordenkern und Vorkämpfern
eins freien Österreich und einer eigenständigen österreichischen Nation,
sondern ist auch durch seine Widerstandstätigkeit gegen den Nationalsozialismus
die er in relativ jungen Jahren mit dem Leben bezahlen musste, den aufrechten Österreichern
zuzuzählen, deren Andenken durch derartige Erinnerungen wie durch die Marke, in
breitesten Bevölkerungskreisen unbedingt so fest als möglich zu verankern ist.
In meiner Eigenschaft als Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs,
als Kuratoriumsmitglied des Dokumentationsarchivs des österreichischen
Widerstandes, aber auch als geschäftsführender Vizepräsident des Verbandes österreichischer
Historiker und Geschichtsvereine, der sich bei den von ihm veranstalteten
Historikertage regelmäßig auch der Frage des Widerstandes in Österreich
annimmt, begrüße ich Ihr Vorhaben außerordentlich und uneingeschränkt.
Viel Erfolg für die Durchführung dieser Idee, zumal meines Wissens nicht
gerade viel Briefmarken in den letzten Jahrzehnten sich der
„Widerstandsthematik“ annahmen.
Mit besten Empfehlungen verbleibe ich
Ihr Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky
Österreichische Gesellschaft für Exilforschung
Dr. Konstantin Kaiser, Vorsitzender
Wien, 12. März 2003
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich kann Ihren Vorschlag, die österreichische Post möge aus Anlass seines
100. Geburtstages eine Sonderbriefmarke Alfred Klahr herausgeben, nur unterstützen.
Alfred Klahr war neben einem Ernst Karl Winter und einem Viktor Matejka einer
der wenigen, die die nationale Eigenständigkeit Österreichs frühzeitig
erkannten, theoretisch zu begründen und den Österreicherinnen und Österreichern
verständlich zu machen suchten.
Das Gedankengut Klahrs ist mittlerweile in wesentlichen Aspekten zum Gemeingut
aller geworden, die je über die Frage der österreichischen Nation nachgedacht
haben. Entschieden wandte er sich gegen eine aus gemeinsamer Abstammung, ja aus
stammesmäßiger Verbundenheit abgeleitete Vorstellung der Nation. Die
Herausbildung der österreichischen Nation war ihm ein Resultat langer
geschichtlicher Entwicklung und keine durch Blut und Boden trügerisch verbürgte
Volks- oder Schicksalsgemeinschaft.
Für das österreichische Exil, für die vor allem in den Jahren ab 1938 aus Österreich
in alle Welt Vertriebenen waren Klahrs Schriften eine wesentliche Hilfe, sich
auf die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich zu
orientieren. Bekanntlich haben die Bemühungen österreichischer
Exilorganisationen ganz erheblich dazu beigetragen, dass die Wiederherstellung
des Staates Österreich 1943 zum Kriegsziel der alliierten Mächte erklärt
wurde.
Betrachtet man den Lebenslauf Klahrs, so entsteht vor uns das Bild einer
lebendigen, höchst aktiven Persönlichkeit, die sich für die einmal als
richtig erkannten Ziele ungeachtet aller Gefahren einsetzte, entsteht das Bild
eines Menschen, dem Redlichkeit, Klugheit und Mut gleichermaßen eigneten.
Eine Sonderbriefmarke mit seinem Bildnis wäre gerade heute eine wichtige
Botschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Konstantin Kaiser
Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
21. Februar 2003
Betrifft: Sonderpostmarke für Dr. Alfred Klahr
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes befürwortet
nachdrücklich die Herausgabe einer Sonderpostmarke anlässlich des hundertsten
Geburtstages von Dr. Alfred Klahr.
Alfred Klahr war ein herausragender Widerstandskämpfer, der in Österreich, im
besetzten Belgien und Frankreich und im Konzentrationslager Auschwitz heroischen
Widerstand gegen das NS-Regime leistete und schließlich im bewaffneten Kampf
gegen die SS 1944 in Warschau gefallen ist. Er hat sein Leben für die
Wiederherstellung eines freien und demokratischen Österreich geopfert.
Die besondere Bedeutung Alfred Klahrs, die ihn aus der Reihe anderer
Widerstandskämpfer und Opfer des Nationalsozialismus heraushebt, liegt darin,
dass er einen originären und grundlegenden Beitrag zur theoretischen Fundierung
des österreichischen Nationsbegriffs geleistet hat. In seiner 1937 in der
Zeitschrift „Weg und Ziel“ erschienenen Artikelserie „Zur nationalen
Frage in Österreich“ wies er nach, dass Österreich kein Teil der deutschen
Nation ist, sondern sich in einem vielschichtigen historischen Prozess zu einer
eigenen Nation entwickelt hat. Dieser Arbeit kam insofern auch eine große
aktuelle Bedeutung zu, als Österreichs Unabhängigkeit damals immer stärker
von Hitlerdeutschland bedroht und schließlich vernichtet wurde. Klahrs Arbeit
bot die Grundlage dafür, dass der antinazistische Widerstand auch als ein
nationaler Kampf geführt werden konnte. Die Wiederherstellung der Unabhängigkeit
Österreichs im April 1945 hat die Richtigkeit seiner Auffassungen bestätigt
und den bis dahin dominierenden deutschnationalen Tendenzen in Österreich eine
entscheidende Absage erteilt.
Alfred Klahr gehört somit – gemeinsam mit katholischen und konservativen
Vordenkern wie Dr. Ernst Karl Winter – zu den Vorkämpfern der österreichischen
Nation, die in der Geistesgeschichte Österreichs einen bleibenden Platz haben
werden. In den letzten Jahren ist die Bedeutung Alfred Klahrs in wichtigen
wissenschaftlichen Werken zur Entstehung der österreichischen Nation, etwa von
Helmut Konrad, Felix Kreissler und Ernst Bruckmüller, aber auch von Literaten
wie Robert Menasse, in angemessener Weise dargestellt und analysiert worden. Wir
meinen daher, dass die Widmung einer Sonderpostmarke für Alfred Klahr sachlich
gerechtfertigt und eine angemessene Auszeichnung für eine bedeutende Persönlichkeit
der österreichischen Geschichte wäre.
Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer
Wissenschaftlicher Leiter
Univ.- Prof. Dr. Ernst Bruckmüller
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien
Wien, 25.3.2003
Sehr geehrter Herr Kollege!
Leider komme ich erst heute dazu, Ihren Brief vom 24.2.2003 zu beantworten.
Da ich mit Ihnen übereinstimme, dass Alfred Klahr der erste Theoretiker der
Linken in Österreich war, der sich wissenschaftlich mit der nationalen
Sonderexistenz Österreichs und der Österreicher auseinandergesetzt hat, befürworte
ich selbstverständlich die Herstellung einer Sondermarke zum Gedenken an diesen
bedeutenden Wissenschaftler und Kämpfer gegen den Nationalsozialismus. Alfred
Klahr folgte damals einer Anregung Stalins – was nichts gegen die Qualität
der Klahr´schen Argumentation sagt, der klug und gründlich auf die je
verschiedenen Wege der Nationsbildung der Deutschen und der Österreicher
einging.
Gleichzeitig erkläre ich aber meinen ausdrücklichen Dissens zu der in den
„Stimmen zu Alfred Klahrs Theorie der `österreichischen Nation`“
abgedruckten Erklärung von Robert Menasse, die „Existenz einer freien, unabhängigen,
zweiten österreichischen Republik (sei) das genuine Ergebnis einer geglückten
praktischen und theoretischen Anstrengung der österreichischen Kommunisten“.
Das kann natürlich nur die überspitzte Formulierung eines Essayisten sein.
Wissenschaftlich ist dies völlig unhaltbar, da sie die nichtkommunistischen
Theoretiker der österreichischen Nation (wie Dietrich Hildebrand, Ernst
Karl Winter, Ernst Joseph Görlich, Wilhelm Böhm u.a.) ebenso übersieht wie
die nichtkommunistischen Widerständler – die ja zu unser aller Leidwesen in
ihren praktischen Anstrengungen 1938 bis 1945 ebenso gescheitert sind wie die
Kommunisten, deren enormes Blutopfer im Kampf gegen den Nationalsozialismus
ebenso wenig bezweifelt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Bruckmüller
Magistratsdirektion der Stadt Wien
Präsidialabteilung des Bürgermeisters
Wien, 15. Mai 2003
Sehr geehrter Herr Universitätsprofessor Hautmann!
Herr Bürgermeister Dr. Michael Häupl hat Ihrem Brief betreffend der
Sonderbriefmarke anlässlich des 100. Geburtstages von Dr. Alfred Klahr dankend
erhalten. Es freut mich, Ihnen in seinem Auftrag mitteilen zu dürfen, dass er
Ihr Vorhaben gerne unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ingrid Duschek
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