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Irma Schwager (1920–2015)
Die Alfred Klahr Gesellschaft trauert um ihre Vizepräsidentin
Am 22. Juni 2015 ist Irma Schwager, Vizepräsidentin der Alfred Klahr Gesellschaft seit ihrer Gründung, in Wien gestorben. Der Vorstand der Alfred Klahr Gesellschaft verliert damit die letzte Repräsentantin jener Gründungsmitglieder, die in den Jahren der hitlerfaschistischen Diktatur im organisierten Widerstand aktiv waren und nach 1945 in den Reihen der Kommunistischen Partei Österreichs für Frieden, Demokratie und Sozialismus eintraten.
Irma Schwager, geb. Wieselberg, wurde am 31. Mai 1920 in Wien in einer kleinbürgerlichen Familie geboren. Als 18-Jährige musste sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft nach Belgien emigrieren, wo sie mit der KPÖ in Verbindung trat. Nach der Okkupation Belgiens durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 floh sie nach Frankreich, wo sie bis 1942 im Lager Gurs und anderen Lagern interniert wurde. Hier trat sie 1940 der Parteigruppe der KPÖ bei. Nach ihrer Flucht aus Gurs leistete sie im besetzten Teil Frankreichs im Rahmen der Résistance Soldatenarbeit, auch als „Mädelarbeit“ bezeichnet, die darin bestand, Soldaten der Hitlerarmee durch Gespräche und Propagandamaterial von der Sinnlosigkeit des Krieges zu überzeugen. Nach der Befreiung Frankreichs im Jahr 1944 ging Irma mit ihrem Mann, dem Spanienkämpfer Zalel Schwager, im Parteiauftrag nach Belgien zurück, um dort die politischen Flüchtlinge und EmigrantInnen zu sammeln und proösterreichische Propaganda zu betreiben.
Im Juli 1945, nach der Befreiung Österreichs vom Hitlerfaschismus, kehrte Irma Schwager nach Wien zurück, wo sie sogleich die Parteiarbeit aufnahm. Ihr Mann Zalel Schwager war im April gemeinsam mit Angehörigen des in Slowenien aufgestellten „Österreichischen Freiheitsbataillons“ nach Wien zurückgekehrt. Zunächst leistete Irma Frauenarbeit im Sektions- und Bezirksmaßstab der KPÖ. Seit 1952 arbeitete sie in der zentralen Leitung des von der KPÖ initiierten Bundes Demokratischer Frauen, dessen Vorsitzende sie 1972 wurde. In dieser Eigenschaft war sie auch Mitglied des Rats der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF). In zahlreichen Artikeln, Versammlungen, öffentlichen Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen trat sie für die Gleichberechtigung der Frauen, für das Recht auf Arbeit, für die Beseitigung des altertümlichen patriarchalen Ehe- und Familienrechts und für die Abschaffung des § 144 ein. In Aktionseinheiten zum Internationalen Frauentag erwarb sich Irma auch bei VertreterInnen der feministischen Frauenbewegung großes Ansehen. Seit 1954 gehörte sie dem Zentralkomitee der KPÖ an und von 1980 bis 1990 auch dem Politischen Büro der Partei. 2011 wurde sie am 35. Parteitag zur Ehrenvorsitzenden der KPÖ gewählt.
Als die Alfred Klahr Gesellschaft gegründet wurde, erklärte sich Irma Schwager sofort zur Mitarbeit bereit. Am 13. November 1993 wurde sie von der konstituierenden Generalversammlung zur Vizepräsidentin gewählt, eine Funktion, die sie bis zuletzt ausübte. In den folgenden Jahren gehörte Irma zu den aktivsten Vorstandsmitgliedern, die das Wirken der Alfred Klahr Gesellschaft durch ihre große politische Erfahrung und ihr profundes historisches Wissen wesentlich bereicherte. Für die Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft verfasste sie zahlreiche Beiträge über bedeutende Frauengestalten der kommunistischen Bewegung, etwa über Anna Strömer-Hornik, Selma Steinmetz, Anna Grün und Margarete Schütte-Lihotzky. Für einen von der Alfred Klahr Gesellschaft herausgegebenen Sammelband anlässlich des 90. Jahrestages der Gründung der KPÖ im Jahr 2008 steuerte Irma Schwager einen Beitrag über die kommunistische Frauenpolitik nach 1945 bei. Auch wenn Irma in den letzten Monaten und Jahren nicht mehr in der Lage war, regelmäßig an den Sitzungen des Vorstands teilzunehmen, stand sie uns doch weiterhin beratend zur Seite. Bis zuletzt verfolgte sie die Aktivitäten der Alfred Klahr Gesellschaft mit großer Aufmerksamkeit und Sympathie.
In den letzten Wochen und Monaten wurde Irma Schwager im Rahmen des Gedenkens an den 70. Jahrestag der Befreiung Österreichs auch von einer breiteren Öffentlichkeit als Symbolfigur des antifaschistischen Widerstands gewürdigt. Davon zeugt neben mehreren Interviews und Zeitungsreportagen auch ihr Auftritt im Jänner dieses Jahres am Wiener Heldenplatz, als ihre Rede zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im ORF gesendet wurde.
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