Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Willi Weinert: »Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer«

Ein Führer durch den Ehrenhain der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof für die hingerichteten WiderstandskämpferInnen

Geleitwort von Dr. Michael Häupl, Bürgermeister der Stadt Wien

Der Nationalsozialismus war zwar imstande für sieben Jahre Österreich von der Landkarte zu löschen, doch es sollte sich zeigen, dass er nicht in der Lage war, das Selbstverständnis der ÖsterreicherInnen zu tilgen. Im Gegenteil: Gerade diese Annexion Österreichs bildete die Grundlage für ein stetig steigendes Österreichbewusstsein. Was vor einem halben Jahrhundert noch undenkbar gewesen wäre, wird seit geraumer Zeit durch Umfragen bestätigt: Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen haben ein österreichisches Nationalbewusstsein, verstehen sich als eigenständige Nation.
Tausende, die sich nach 1938 schon zu Österreich bekannten und dafür eintraten, bezahlten ihren Kampf für Freiheit und Demokratie mit Verfolgung und Haft, viele von ihnen auch mit dem Leben. Nur an wenige WiderstandskämpferInnen erinnert eine Gedenktafel, oder eine nach ihnen benannte Verkehrsfläche. Als zentrale Gedenkstätte für die im Wiener Landesgericht hingerichteten WiderstandskämpferInnen ist die Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof anzusehen. Sie einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen, ist die Absicht dieses Buches. Die Erinnerung an den österreichischen Freiheitskampf der Jahre 1938–1945, diesem opferreichen Kapitel der österreichischen Geschichte, ist eine Verpflichtung. Seine Existenz war integraler Bestandteil der Wiedererrichtung der Zweiten Republik in Österreich. Wien besitzt nicht nur Europas größten Friedhof, sondern es gibt in keiner europäischen Hauptstadt eine der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof vergleichbare Gedenkstätte für die von der NS-Justiz hingerichteten WiderstandskämpferInnen. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 2.700 österreichische WiderstandskämpferInnen in der Zeit zwischen 1938 bis 1945 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Mehrere Hundert davon wurden in der Gruppe 40 beerdigt.
Es ist auch heute wichtig, darauf hinzuweisen, dass nicht wenige ÖsterreicherInnen zum Untergang Österreichs 1938 beigetragen haben, dass es ÖsterreicherInnen gab, die bedenkenlos das NS-Regime unterstützten. Aber es darf auch die Tatsache nicht ausgeblendet werden, dass ÖsterreicherInnen – aus welchen persönlichen und politischen Gründen auch immer – sich für den aktiven Kampf gegen das NS-Regime entschieden. Der Bogen der auf dem Zentralfriedhof in Wien bestatteten KämpferInnen gegen den Nationalsozialismus spannt sich vom katholischen Priesterseminaristen Hanns Georg von Heintschel-Heinegg, der Schwester Restituta (Helene Kafka), über den Revolutionären Sozialisten Eduard Göth bis zum Mitglied des Zentralkomitees der KPÖ Hedwig Urach.
Viele der Menschen, von denen in diesem Buch berichtet wird, haben bereits lange vor der Moskauer Deklaration (1943) – in der festgelegt wurde, dass auch der Widerstand als österreichischer Beitrag zur Befreiung vom Faschismus, als Voraussetzung für ein freies, unabhängiges Österreich in den heutigen Grenzen in Rechnung gestellt werden wird – auf unterschiedlichste Weise den Kampf gegen Hitlerdeutschland und für ein freies, unabhängiges Österreich aufgenommen. Auch wenn das Wirken dieser ÖsterreicherInnen nicht massenwirksam wurde, so repräsentieren sie doch das bessere Österreich. Die Erinnerung an sie spielte nach 1945 und bis heute im öffentlichen Bewusstsein leider eine untergeordnete Rolle. Dieses Buches möge dazu beitragen, dem Vergessen dieser tapferen Menschen entgegen zu wirken.

Dr. Michael Häupl
Bürgermeister der Stadt Wien

 

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