Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Aus dem Archiv: Brief von Hans Christian Broda an das ZK der KPÖ vom 11. August 1945

Christian Broda (12.3.1916 - 1.2.1987) war Mitglied des illegalen Kommunistischen Jugendverbandes Österreich. Über die von ihm 1945 erwähnte fraktionelle Tätigkeit, an der neben ihm auch Eduard Rabofsky, Karl Stavaritsch (später Stadler) u.a. teilnahmen, schrieb E. Rabofsky in  »Weg u. Ziel«, 7-8/1988 (Mit verkehrten Vorzeichen. Die parteifeindliche Fraktion „Ziel und Weg“), daß die Darstellung dieser Ereignisse in Fritz Kellers Buch (Gegen den Strom) „reichlich fehlerhaft“ ist und auch als Vereinnahmung für den österreichischen Trotzkismus „nur in sehr begrenztem Rahmen und in ideologischen Ansätzen zutreffend sein kann.“ (S. 300)
Broda verließ 1946 die KPÖ. Bei dem erwähnte Haider handelt es sich um den langjährigen Landesobmann Franz H. (11.9.1907-15.3.1968).

Hans Christian Broda
Ried i.I., Bahnhofstrasse 7
Wien, 11. August 1945

An das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Österreichs, Wien IX - Wasagasse

I. Ich bitte das Zentralkomitee der komm. Partei Österreichs folgende persönliche Erklärung zur Kenntnis zu nehmen:
Seit Anfang 1931 im komm. Jugendverband Österreichs tätig, bin ich 1936 in Gegensatz zur Politik der Partei und des Jugendverbandes getreten und in der Folge - als Ergebnis einer Fraktionstätigkeit mit einigen Jugend- und Parteigenossen ausgeschlossen worden.
Die Kernfrage meiner oppositionellen Stellung war, dass ich im Zusammenhang mit dem spanischen Bürgerkrieg die Frage der proletarischen Revolution in ganz Europa für aktuell gehalten habe und deshalb die Volksfrontpolitik der K.I. ablehnte. Ich fürchtete vor allem, dass die Sowjet-Union durch die Volksfrontpolitik die Massen der revolutionären Arbeiterschaft in Europa enttäuschen und entfremden würde und im schon damals als sicher zu erwartenden 2. imperialistischen Weltkrieg isoliert dastehen würde.
Die seitherige Entwicklung hat mich überzeugt, dass mein Standpunkt sachlich nicht gerechtfertigt war und dazu historisch weder 1936 die Frage der proletarischen Revolution auf der Tagesordnung stand, noch heute unmittelbar steht.
Nur durch die Politik der Sowjet-Union und die heroische unvergleichliche Kampfkraft der Roten Armee ist es im 2. Weltkrieg zum Zusammenbruch des Faschismus und zum Wiederauferstehen der internationalen und der österreichischen Arbeiterbewegung gekommen.
Der Kampf und Sieg der Roten Armee ist so für jeden ehrlichen Sozialisten auch politisch zu einer welthistorischen Entscheidung sondergleichen geworden.

II. Die Art und Weise meines oppositionellen Auftretens 1936 muss ich politisch und moralisch als unqualifiziert bezeichnen. Die Anwendung solcher Methoden der fraktionellen Auseinandersetzung konnte von keiner Organisation innerhalb der Arbeiterbewegung geduldet werden. Daran konnte selbstverständlich auch die subjektiv für mich zutreffende Tatsache nichts ändern, dass ich mich auch nach meinem Ausschluss immer der kommunistischen Bewegung innerlich angehörig gefühlt habe und jeden ideologischen und organisatorischen Zusammenhang mit Trotzkisten abgelehnt habe.
Mit dem Sieg des Nationalsozialismus über Österreich in Jahre 1938 habe ich uneingeschränkt die führende Rolle der KPÖ im antifaschistischen Befreiungskampf anerkannt. In der Folgezeit habe ich es als meine Aufgabe betrachtet, die kommunistischen Organisationen, wo ich es nur konnte, ohne selbst Mitglied zu sein, zu unterstützen. Ich konnte diese Absicht im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Deutschen Wehrmacht ziemlich erfolgreich verwirklichen. Zweifellos habe ich durch meine Aktivität im Heer zahlreiche wertvolle Menschen für den Gedanken der antifaschistischen österreichischen Freiheitsbewegung gewinnen können, bezw. sie erhalten können.
Bis zu seiner Verhaftung stand ich mit Edi Rabofsky in ständiger Verbindung, bis zu unserer gemeinsamen Verhaftung vor allem mit seinem im Herbst 1944 hingerichteten Bruder, Alfred Rabofsky . Infolge verschiedener glücklicher Umstände und dank der mich entlastenden Aussage Alfred Rabofsky´s vom Kriegsgericht nur zu einer Bagatellstrafe verurteilt, habe ich nach meiner Freilassung im Herbst 1943 bis zum Kriegsende beim Militär in Oberösterreich gedient. Ich habe auch dort meine ziemlich breite antifaschistische Hilfstätigkeit für alle wertvollen Kader fortgesetzt.

III. Ohne Verbindung mit irgendeiner Parteiorganisation habe ich es dennoch als selbstverständliche antifaschistische Pflicht betrachtet, mich in Ried und ganz Oberösterreich politisch im Sinne der Sammlung aller aktiven demokratischen Kräfte zu betätigen.
Aus der Notwendigkeit des Augenblicks hat sich dann im Sinne einer breiten demokratischen Front organisch eine völlige Übereinstimmung meiner Ansichten mit der Politik der oberösterr. Parteiorganisation ergeben.
Es war daher nur ein selbstverständlicher Schlussstrich unter meine parteilose Tätigkeit in der O.Oe. Freiheitsbewegung, dass ich dem Genossen Haider  mündlich erklärte und jetzt das Zentralkomitee schriftlich zur Kenntnis zu nehmen bitte, dass ich mich, wie seit meiner frühesten Jugend als Kommunist, in Zukunft in meiner Berufs- oder allfälligen öffentlichen Tätigkeit nur als Beauftragter der führenden demokratischen und antifaschistischen Kraft in Österreich, der komm. Partei Österreichs betrachte und ihr gegenüber verantwortlich fühlen werde.

Hans Ch. Broda

Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/1999

 

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