Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung Drechslergasse 42, A–1140 Wien Tel.: (+43–1) 982 10 86, E-Mail: klahr.gesellschaft@aon.at
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Aus dem Archiv: Briefe der KPÖ-FührungIn »Weg und Ziel« 4/1991 ging ich auf die überlieferten Quellen der Führung
der KPÖ in Moskau ein, wobei ich darauf hinwies, daß die Unterlagen nicht
umfangreich sind, sich auf wenige Schriftstücke beschränken. Die überlieferten
Materialien, die nach 1945 den Weg von Moskau nach Wien gefunden haben, bilden
den Fundus, aus dem wir hier eine Auswahl bringen. Sie haben eines gemeinsam:
sie spiegeln die unterschiedlichen Schicksale von Parteimitglieder wider, die
sich in der Emigration in der Sowjetunion befunden haben. Sie zeigen aber auch
das Bemühen der Partei, bedrückende, manchmal sogar lebensbedrohende
Existenzbedingungen zu verbessern. Einige Briefe führen uns zu den Auswirkungen
der Repressionen, von denen zahlreiche österreichische KommunistInnen betroffen
waren.
Nicht unerwähnt kann hier bleiben, daß die Parteiführung natürlich über
keinerlei Möglichkeiten verfügte, quasi in „Eigenregie“ Probleme, die an sie
herangetragen wurden, zu lösen. Die MOPR (Meshdunarodnaja organisazija
ponostschi borzam rewoljuzii (russ.); Organisation zur Unterstützung von
Kämpfern der Revolution; das war die sowjetische „Rote Hilfe“) war für die
politischen Emigranten zuständig, agierte aber in Übereinstimmung mit der
Komintern. Die Schaltstelle bildete die Kaderabteilung der Komintern, an die
die Parteiführung ihre Probleme richtete und ihre Lösungsvorschläge
formulierte. Brief an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 14.8.1941
Zur Information schicken wir einen Brief der Genossin Waik Gabriele aus
Leningrad, worin sie uns von der Verhaftung ihres Mannes Dorotic Josef
Mitteilung macht. Brief an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 2.9.1941Wir ersuchen beim Z.K. der MOPR zu intervenieren, damit es für die
österreichische Politemigrantin Urban Ilke eine Unterstützung bewilligt. Die
Genossin Urban befindet sich in folgender Lage: Ihr Mann, Urban R. [d.i.
Richard Uccusic), wurde bei Kriegsausbruch als Ausländer interniert. Der
älteste Sohn, Urban Milan (18 Jahre alt), der bisher studiert hat, bekam erst
vor einer Woche eine Arbeit, aber vor einigen Tagen wurde er für
Befestigungsarbeiten mobilisiert. Sowohl die Genossin Urban, Urban R., wie auch
die Kinder haben nach Kriegsbeginn die Sowjetstaatsbürgerschaft bekommen. Die
Genossin ist selbst krank und arbeitsunfähig und hat noch eine schulpflichtige
Tochter zu erhalten. Sie ist ohne jede Mittel und muß buchstäblich hungern. Die
Genossin Urban ist Mitglied der KPÖ. Brief an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 2.4.1942
In bezug auf die Anfrage über den Genossen Czagram Julius teilen wir
folgendes mit: Gen. Czagram war Mitglied der Partei seit 1918 und hat als
aktiver Funktionär in der KPÖ gearbeitet. An der Liquidierung der Fraktionskämpfe
hat Gen. Czagram aktiven Anteil genommen und er wurde zu dieser Zeit Mitglied
der Bezirksleitung Graz und als Mitglied des erweiterten ZK der KPÖ gewählt.
Gen. Czagran war auch gewählter Vertreter der revolutionären Arbeiterschaft in
der Arbeiterkammer in [der] Steiermark. Er ist mit Zustimmung des ZK der KPÖ
als Spezialarbeiter in die SU gereist und wurde im Jahr 1932 von der
österreichischen Vertretung zur Überführung in die Wkp(b) empfohlen. Über die
Tätigkeit und über den Aufenthalt des Gen. Czagram in der SU ist uns seit
mehreren Jahren nichts bekannt. Aus seiner politischen Tätigkeit in Österreich
kennen wir ihn als einen ehrlichen und ergebenen Genossen. Brief an die Kaderabteilung der Komintern; 23.4.1942
Genosse Griesmaier Max, [hier folgt seine Moskauer Adresse], der 1934 mit
dem Schutzbundkindertransport der MOPR in die Sowjetunion kam und hier im
Kinderheim erzogen wurde, stand bis Anfang Oktober unter der Fürsorge der MOPR.
Er arbeitet als Lehrling in einem Moskauer Betrieb und lebt, da er keine
Angehörigen in der Sowjetunion hat, sehr schlecht. Wir ersuchen beim ZK der
MOPR zu beantragen, daß Griessmaier Max im früheren Ausmaß unterstützt wird. Brief der Vertretung des ZK. der KPÖ beim EKKI an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 16.9.1942
Wir ersuchen für den Genossen Fabri Ernst (langjähriges Mitglied der KPÖ)
bei der MOPR eine monatliche Unterstützung in der Höhe von Rubel 200.- zu
beantragen. Genosse Fabri wurde mit seiner Familie von Moskau nach Taschkent
evakuiert. Er ist von Beruf Schriftsteller und hat in Moskau in einem Institut
gearbeitet. Jetzt ist seine materielle Lage in Taschkent sehr schwer, da er als
Schriftsteller keine Verdienstmöglichkeiten hat. Sobald es jedoch wieder
verdienen wird können, wird eine Unterstützung durch die MOPR nicht mehr
notwendig sein. Bis dorthin halten wir es jedoch für nötig, dem Genossen Fabri
und seiner Familie materiell zu helfen. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 13.11.1942
Aus dem Kinderheim „Spartak“ sind zwei österreichische Schutzbundkinder (Spirik
Erika und Griesmayer) hierher gekommen. Sie haben mit Hilfe der MOPR die
Möglichkeit bekommen in Instituten zu lernen. Sie waren in der Schule
Otlitschniki und lernen auch hier gut. Nun sind die Kinder, wie aus dem
beiliegenden Brief zu ersehen ist, in großen Schwierigkeiten. Dazu kommt noch,
daß die Erika Spirik malariakrank ist und in letzter Zeit sehr stark unter
dieser Krankheit zu leiden hat. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern; 4.12.1942
Betrifft: Johann Raab, Namangan. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern; 16.12.1942
Der österreichische Politemigrant, ehemalige Schutzbündler und Mitglied der
KPÖ, Gen. Hackl, liegt seit mehreren Wochen krank im Spital in Namangan. Nach
Ansicht der Ärzte besteht eine Aussicht auf Besserung nur unter der Bedingung
eines Klimawechsels und durch bessere und ausreichende Ernährung. Da wir bei
den gegenwärtigen schweren Bedingungen in Namangan befürchten, daß Gen. Hackl
nicht durchhalten kann, wir ihn andererseits für einen wertvollen, der Partei
und der SU ergebenen Genossen halten, ersuchen wir beim ZK der MOPR zu
intervenieren, damit alle seitens der MOPR möglichen Maßnahmen getroffen
werden, um das Leben des Gen. Hackl zu retten. Wir schlagen vor, den Genossen
eventuell nach Ufa zu bringen, wodurch auch die Möglichkeit bestände, daß sich
auch die österreichische Sektion mehr um ihn kümmern kann. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern. Vertraulich; 11.11.1942
Wir bitten, dem Genossen Stückler Josef durch die MOPR Schuhe und warme
Kleider zu verschaffen. Gen. Stückler arbeitet im Kolchos und macht Nachtarbeit
im Freien. Er war krank und lag im Spital und ist auch, nachdem er das Spital
verlassen hat, noch immer krank und arbeitet mit Temperatur weiter, wobei er
keine Schuhe hat. Außerdem teilen uns die Genossen mit, daß die Verpflegung
auch ziemlich schlecht ist. Vielleicht kann die MOPR auch in dieser Beziehung
helfen. Wir bitten zu veranlassen, daß die für Alexandrowna zuständige
MOPR-Organisation für den Gen. Stückler ärztliche Hilfe verschafft, falls es
noch nötig sein wird. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern; 31.12.1942
Die Gen. Hirtl Anna, deren Mann sich an der Front befindet, teilt uns mit,
daß sie für den Monat Dezember die Unterstützung nicht bekommen hat, und sich
daher mit den beiden Kindern in einer schwierigen Lage befindet. Wir ersuchen,
bei der in Betracht kommenden Stelle zu intervenieren, damit der Genossin die
Unterstützung regelmäßig und rechtzeitig ausbezahlt wird. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern; 25.1.1943
Wir ersuchen, beim ZK der MOPR zu intervenieren, damit den sich in Ufa
befindenden österreichischen Jugendgenossinnen Frieda Löw, Griesmaier und Erika
Spirik die Unterstützung in der bisherigen Höhe weiter ausbezahlt wird. Löw und
Griesmaier besuchen das Institut. Die Genossin Erika Spirik arbeitet in einem
Betrieb, wo sie aber nur 150 Rubel im Monat verdient. Da wir sie für eine gute
und wertvolle Genossin halten, ersuchen wir auch, ihr die Unterstützung so wie
bisher weiter zu geben. Brief der Parteivertretung der KPÖ in Moskau an die Kaderabteilung der Komintern; 13.3.1943
Bezugnehmend auf unsere bereits seinerzeit gemachten Vorschläge beantragen
wir nochmals die Mitglieder der KPÖ Erna Jellinek und Erna Ketzlik, die sich
beide in Poltawka befinden, als Politemigrantin anzuerkennen und auch sie wie
die anderen Politemigranten seitens der MOPR zu unterstützen. Der Umstand, daß
die Männer dieser beiden Genossinnen verhaftet sind, ist unseres Erachtens in
diesen Fällen kein Grund, um die Frauen nicht als Politemigranten anzuerkennen. Willi Weinert Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 4/1998 |
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