Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Georg Lukács’ Buchwidmungen an Ernst Fischer (1947–1963)

Während Ernst Fischers vormalige Verdienste um die Arbeiterklasse und die KPÖ in das anrüchig Vergessene gedrängt werden, wird er heute wegen seines bürgerlich-intellektuellen Bruchs mit dem Kommunismus („Grenzgänger zwischen Geist und Macht“ [B. Fetz 2000]), als idealistischer Edelkommunist („Was, das soll ein Kommunist sein?“ [B. Coudenhove-Kalergi 2000]) oder schlicht als liebenswert, beliebig austauschbares Privat-Subjekt, insgesamt eigentlich nur mehr als „entpolitisiert“, schwer ringender Denker verkauft.
Ernst Fischers Nachlass liegt in der Österreichischen Nationalbibliothek. Das Schicksal seiner offensichtlich über das Antiquariat zersplitterten Bibliothek deutet aber symbolisch auf den Bruch mit der eigenen politischen Biographie, auf die nachträglich sorglos bürgerliche Distanzierung von den Kämpfen der österreichischen Arbeiterklasse hin. Zahlreiche sozialistische Bibliotheken wurden vom Faschismus zerstört, geraubt – u.a. die große Anton-Menger-Bibliothek in der Wiener Arbeiterkammer. Wichtiges, gerade für die Jahre nach der Befreiung vom Faschismus notwendiges sozialistisch-kulturelles Erbe ging verloren. Die Bibliotheksbestände von Marx und Engels wurden mühevoll in der MEGA-Edition rekonstruiert. Warum die wohl alle Tradition, Widersprüchlichkeit und Krise der österreichischen Arbeiterbewegung – auch über Widmungen – spiegelnde Bibliothek Fischers nicht geschlossen aufgestellt blieb, entzieht sich der Kenntnis.
Georg Lukács (1885-1971) hat Ernst Fischer wiederholt Bücher gewidmet, so den „jungen Hegel“ (Europa Verlag Zürich/Wien 1948) mit „Ernst Fischer in alter Freundschaft 1949 VII.27. Georg Lukács“, am gleichen Tag „Schicksalswende. Beiträge zu einer neuen Deutschen Ideologie“ (Aufbau-Verlag Berlin 1948) „Ernst Fischer in Erinnerung an die Moskauer Tage 1949 VII. 27. Georg Lukács“, so zuvor seinen „Gottfried Keller“ (Aufbau-Verlag Berlin 1946) mit „Ruth und Ernst Fischer 1947.6.XI. Georg Lukács“, die Essaysammlung „Existentialismus oder Marxismus?“ (Aufbau-Verlag Berlin 1951) „Ruth und Ernst Fischer in alter Freundschaft Wien 19/I 1952 Georg“ – oder 1963 die Neuauflage seiner „Theorie des Romans“. (Vgl. S. Selzer/B. Fetz: Ernst Fischer – Georg Lukács: Ausgewählter Briefwechsel, in: Ernst Fischer. Texte und Materialien, hg. v. B. Fetz, Wien 2000, 170-192.)
Ernst Fischer selbst schrieb sowohl für die „70er“-Lukács-Festschrift (Berlin 1955, 62-74) als auch zu jener zum 80. Geburtstag von Lukács (Neuwied 1965). Verschwimmt der Beitrag zum 80. Geburtstag 1965 schon in bürgerlicher Liberalität, so war Fischers Beitrag zur Lukács-Festschrift 1955 von wahrer sozialistischer Parteilichkeit getragen.
Die im Text zitierten Lukács-Bücher sind im Universitätsarchiv Innsbruck zugänglich.

Peter Goller

Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2003

 

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