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Alois Peter: Spanien vor 60 Jahren
Vom Jahre 1923 bis 1930 herrschte in Spanien als Diktator der General Miguel
Primo de Rivera. Jede fortschrittliche Bewegung wurde damals schon im Keime
erstickt. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 1930 kam es in Spanien zu großen
Erschütterungen. Primo de Rivera trat zurück. Seine Nachfolger mußten dem Druck
des Volkes nachgeben und Gemeinderatswahlen ausschreiben. In fast allen großen
Städten erreichten die republikanischen Kräfte die Mehrheit. Im April 1931 zog
der König Alfons XIII. daraus die Konsequenz, trat zurück und ging ins Ausland.
Am 11. April 1931 wurde die Republik ausgerufen und eine aus bürgerlichen
Politikern bestehende Regierung gebildet. Diese ohne Blutvergießen gegründete
Republik wurde vom Volk mit großen Erwartungen begrüßt. Doch die Hoffnungen der
Millionenmasse der Landbevölkerung auf eine Bodenreform wurde nur in einem
bescheidenen Ausmaß erfüllt.
Wahlsieg der Volksfront
Da sich die werktätige Bevölkerung in ihren großen Erwartungen von der
Republik weitgehend getäuscht sah, kam es zu zahlreichen Streiks und anderen
Aktionen. Als Ende 1933 ein sehr konservatives Mitglied der Partei der
Radikalen, Alexandro Lerroux zum Chef der Regierung ernannt wurde, häuften sich
die Auseinandersetzungen. Ein Generalstreik wurde ausgerufen. In Asturien kam
es zu Schießereien und im Oktober zu einem großen Aufstand, gegen den Lerroux
General Franco mit seinen Fremdenlegionären und Moros einsetzte. Sie schlugen mit
großer Brutalität den Aufstand nieder. Es gab an die 2 000 Tote, über 30 000
Asturianer wurden eingesperrt.
Am 16. Februar 1936 kam es zur Wahl der Cortes (Parlament). Die linken
Parteien, Sozialisten, die katalanischen Republikaner, die Radikalen und die
Kommunisten bildeten einen gemeinsamen Block. Die Anarchisten, die in
Katalonien und in Andalusien einen großen Einfluß auf die Landarbeiter und
Arbeiter hatten, machten nicht mit. Wie bei allen früheren Wahlen empfahlen sie
Wahlenthaltung. Ihre Begründung lautete: „Der Staat ist die Quelle allen Übels,
er muß ersetzt werden durch autonome Gemeinschaften“. Die Volksfront erreichte
271 Mandate und damit die absolute Mehrheit in der Cortes. Die faschistische
Gruppe konnte kein Mandat erringen. Sofort nach Bekanntgabe des Wahlsieges der
Volksfront sprach eine Delegation von Generälen beim Präsidenten der Republik
Alcala Zamorra vor und verlangte die Annullierung der Wahl, wozu er aber nicht
bereit war. Die Generäle und die Mehrheit der Offiziere begannen nun die
Vorbereitung des militärischen Aufstandes. Zum Chef der eidbrüchigen Offiziere
entwickelte sich General Franco (Marokko) und mit ihm die Generäle Mola
(Salamanca) und Queipo de Llano (Sevilla).
Der Putsch
Am 17. Juli 1936 in Spanisch-Marokko und am 19. Juli in Spanien verkündeten
die Putschisten das Kriegsrecht, erklärten die Regierung der Republik für
abgesetzt und gaben ihren Truppen den Befehl, strategischen Punkte in den
großen Städten zu besetzen. In Spanisch-Marokko löste General Franco den Putsch
aus. Wer dagegen protestierte, wurde verhaftet oder erschossen. Sogar Franco’s
Neffe La Puente Y Bahamonde, der Chef der in Marokko stationierten Luftwaffe,
der sich weigerte, bei dem Aufstand mitzumachen, wurde umgebracht. In Spanien
selbst scheiterte in den großen Städten der Putsch kläglich. In Madrid konnten
die Putsch-Generäle mit ihren Truppen nicht einmal die Kasernen verlassen. Die
Madrider belagerten die militärischen Objekte, und nach zwei Tagen
kapitulierten die aufständischen Offiziere. Auch in Barcelona, Valencia,
Toledo, Bilbao, Santander, Malaga, Castellon und im Kriegshafen Cartagena
siegte die Regierung. Tausende und Abertausende von Arbeitern, Bauern und die
Mehrheit der Intelligenz waren gegen die aufständischen Militärs und ihre Verbündeten
aus den Reihen der Monarchisten, des Adels und der Spitzen der Kirche.
Die Internationalen Brigaden an der Seite der Spanischen Republik
Die größte Tragödie in der Geschichte Spaniens, die 1 Million Tote
erforderte und ganz Europa sowie die Länder Amerikas erschütterte, nahm ihren
Lauf. Vor allem die Arbeiterschaft und die Intelligenz in vielen Ländern der
Welt erfaßte der Wunsch, dem spanischen Volk zu helfen. Es blieb nicht bloß bei
Worten, man begann Geld und Hilfsgüter für die Republik zu sammeln und
Freiwillige fuhren nach Spanien, um als Kämpfer mitzustreiten. Schon in den
ersten Tagen gab es Österreicher als Angehörige der republikanischen Milizen.
In der Centuria Thälmann kämpften sie an der Aragon-Front.
Die Republik kämpfte, gestützt auf einige treu gebliebene Soldaten und
Offiziere und den spontan aus Freiwilligen gebildeten und mit wenigen Waffen
und Munition ausgerüsteten Milizen, gegen eine Armee, die über kampferprobte
Truppen verfügte. In Afrika waren 1935 42 000 Soldaten stationiert, davon 10
000 Moros (Bezeichnung der Marokkaner in den Reihen der Francotruppen - Red.).
Die in Marokko befindlichen Militäreinheiten waren für die Putschisten die
Hoffnung auf einen Sieg. Da aber die Flotte zur Republik hielt, konnten sie
ihre Soldaten nicht über die Meerenge nach Spanien überführen. Zu diesem
Zeitpunkt war die politische und militärische Situation für die Aufrührer so
schlecht, daß die Regierung in Madrid den Putsch der Generäle als gescheitert
ansah. Sie erkannte nicht, daß Hitlerdeutschland und Mussolinis Italien die
Putschisten ermuntert hatten und bereit waren, diese zu unterstützen, um
Spanien in den Block der faschistischen Mächte einzugliedern.
Unterstützung nicht nur vom faschistischen Deutschland und Italien
Da Franco sich in einer sehr schwierigen Lage befand, wandte er sich um
Hilfe an Hitler und Mussolini. Schon am 27. Juli 1936 schickte Hitler
Militärflugzeuge nach Spanien, später die berüchtigte Legion Condor, die
bereits im November 1936 6 500 Mann zählte. Weitere Soldaten und Waffen sollten
folgen.
Mussolinis Hilfe bestand aus 60 000 Soldaten, die unter dem Befehl der Generäle
Roatta, Cambara und Bastico kämpften. Auch er entsandte Waffen aller Art, bis
hin zu U-Booten und Kriegsschiffen. Wichtig für die Putschisten war, daß ihnen
die us-Texas Oil Company. große Mengen Benzin und andere Ölprodukte auf Kredit
lieferte.
Parallel dazu weigerte sich die französische Regierung unter dem
Sozialdemokraten Blum, einen Waffenlieferungsvertrag mit der legitimen
spanischen Regierung aus dem Jahr 1935 zu erfüllen. England und Frankreich
betonten, neutral zu sein. Sie bildeten Anfang September 1936 eine
„Internnationale Nichteinmischungskommission“, an der noch Deutschland,
Italien, Portugal und Sowjetunion teilnahmen. Der Vertreter der Sowjetunion
zeigte vergeblich das direkte Eingreifen Deutschlands und Italiens auf. Auch
die österreichische Regierung unter Kurt Schuschnigg unterstützte die
Nichteinmischungskommission. Sie anerkannte im Jänner 1938 das Franco-Regime.
Das Volk auf Seiten der Republik
In Spanien selbst kam das Volk in Bewegung. In allen Provinzen kämpfte es
mit primitiven Waffen gegen die Meuterer. Auch die mit den Putschisten
verbündete Guardia Civil, eine Landgendarmerie mit 34.000 Mann, die die Dörfer
beherrschte und im Namen des Adels und der Kirche für „Ordnung“ sorgte, mußte
verschwinden. Die Bauern enteigneten die Herzöge, Grafen und Barone und teilten
unter sich den Boden der Klöster auf. Das geschah spontan und unter den
verschiedensten Bedingungen. In Aragon zum Beispiel, wo die Anarchisten über
einen großen Einfluß verfügten, wurde in vielen Dörfern das Geld abgeschafft,
die Kirchen geschlossen, die Gasthäuser, Friseure und Kaufläden gemeinsam
bewirtschaftet.
Die politischen Kräfte Spaniens waren sehr zersplittert, sowohl die linken als
auch die rechten Gruppierungen. Die große Mehrheit der Landarbeiter in den
agrarischen Gebieten, wie in Andalusien, kämpfte gegen die noch feudalen und
mittelalterlichen Kräfte. Die große Masse der Landbevölkerung hatte keinen
Grundbesitz. Die Adeligen, die Kirche und einige Reiche, nur ca. 5% der
Grundbesitzer, besaßen 72% des Bodens. Sie hatten die Wasserrechte in ihrer
Hand, die Masse der Landbewohner, .die meisten von ihnen konnten weder lesen
noch schreiben, war ihnen rechtlos ausgeliefert. Die Werktätigen verlangten die
Beseitigung der Privilegien des Adels, der Monarchie und der Kirche. Die
zahlenmäßig geringe, aber auf das Denken und Fühlen des Volkes sehr
einflußreiche Intelligenz forderte die Trennung von Kirche und Staat, den Ausbau
des Schulwesens und die Begrenzung der Ausgaben für die Armee, die bis 30% des
Staatsbudgets betrugen.
Die Internationalen Brigaden formieren sich
Gegen Ende August 1936 nahm die spanische Republik diplomatische Beziehungen
zur Sowjetunion auf, und am 23. Oktober 1936 begann die SU mit der Lieferung
von Flugzeugen, Tanks, Artillerie, MG und Gewehren. Auch die ausländischen
Freiwilligen wurden in der Stadt Albacete Mitte Oktober 1936 in die 11. bis 15.
Brigade eingegliedert. Am 7. November 1936 ging die 11.Internationale Brigade
zur Verteidigung Madrids an die Front. Die Abwehr der faschistischen Offensive
auf die Hauptstadt währte bis Ende Februar 1937 (Schlacht am Jarama) und bis
zum Sieg über die italienischen Divisionen bei Guadalajara in den Wochen vom 8.
bis 23. März 1937.
Bei diesen Kämpfen hatten sich die Österreicher hervorragend geschlagen. Dies
führte zur Gründung eines österreichischen Bataillons, das sich den Namen „12.
Februar 1934“ gab. In dieser Einheit war der Großteil der österreichischen
Interbrigadisten zusammengefaßt. Doch es gab auch viele Österreicher bei der
Artillerie, bei der Flak, bei den Tankisten und zwei Mann sogar bei der
republikanischen Luftwaffe. In allen großen Schlachten des spanischen Krieges
war das Bataillon „12. Februar 1934“ beteiligt, im Kampf um Teruel, in den
Kämpfen in Aragon und bei der Ebro-Offensive.
Die Republik verfügte am 29. September 1938 das Ausscheiden aller
Interbrigadisten aus der Armee. Mit einer am 28. Oktober 1938 in Barcelona
erfolgten großen Parade wurden die Brigadisten verabschiedet. Zu Weihnachten
1938 begann Franco eine Großoffensive zur Eroberung Kataloniens. Es gelang ihm,
die Hauptfront zu durchbrechen und Barcelona zu erobern. Am 23. Jänner 1939
beschlossen jene Interbrigadisten, die Spanien noch nicht verlassen konnte, die
Deutschen, Österreicher, Tschechen, Ungarn, Polen, Jugoslawen und Kubaner, den
zurückziehenden Einheiten der republikanischen Armee zu helfen. Die 11., 13.
und 15. Internationale Brigade wurden neu formiert und begannen im sogenannten
zweiten Einsatz den Rückzug der Hunderttausenden nach Frankreich flüchtenden
Menschen zu decken.
Anfang Februar 1939 verließen die letzten österreichischen Interbrigadisten
Spanien. In Frankreich wurden sie in Lagern inhaftiert und die meisten von
ihnen im April 1941 an die deutsche Gestapo ausgeliefert, die sie nach Dachau
und andere Konzentrationslagern verschickte. Einige kämpften in der Folge in
der französichen Restistance, oder beteiligten sich in den Reihen der Roten
Armee oder in jugoslawischen Partisaneneinheiten am Kampf gegen
Hitlerdeutschland. Die meisten von ihnen beteiligten sich nach der Befreiung
1945 führend - aber unbedankt - am Wiederaufbau des neuen Österreichs.
Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/1996
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