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Peter: Einleitende Worte
Im
Namen unserer Vereinigung begrüße ich alle Anwesenden, unsere lieben
Freundinnen und Freunde, und vor allem vosotros, camaradas de las Brigadas
Internacionales. Wir Interbrigadisten zogen vor mehr als einem halben
Jahrhundert nach Spanien in den Krieg. Wir wußten, daß ist nicht ein leichtes
Abenteuer, sondern ein Entschluß, bei dem man das Leben riskiert. Warum nahmen
wir diesen schweren Entschluß auf uns? Warum zogen junge Leute, hunderte und
hunderte in den Krieg? Zu Fuß, per Bahn eilten sie in den ersten Wochen und
Monaten nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs nach Spanien.
Die
Frage ist nicht einfach zu beantworten. Erinnern wir uns zurück an die
Situation in Europa vor mehr als 70 Jahren: Weltwirtschaftskrise, allein in dem
kleinen Österreich 600.000 Arbeitslose, die Reaktion versuchte, die Folgen der
Krise auf die Massen abzuwälzen und ging zum Angriff gegen die Arbeiterklasse,
gegen die Bauernschaft und gegen große Teile der Intelligenz über. Der
Faschismus begann seinen Siegeszug. In Italien, in Ungarn, in Deutschland und am
12. Februar 1934 auch in Österreich. Die Arbeiterklasse wurde in Wien besiegt,
aber sie kapitulierte nicht. Sie setzte weiter ihr Drängen, ihr Hoffen, ihren
Kampf um die Wiedererringung einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung fort.
Als
in Spanien der Putsch der Generäle begann, löste dies in der ganzen Welt eine
gigantische Welle der Solidarität aus, auch bei uns in Österreich. Viele junge
Österreicher gingen nach Spanien, vor allem jene, die sich dessen bewußt
waren, daß der Kampf nicht verloren sei und bis zum Sieg fortgesetzt werden müsse.
Vor allem waren es Schutzbündler, die nach Spanien gingen - Leute mit militärischen
Erfahrungen -, einige gut ausgebildete Krankenschwestern sowie Ärzte und Ärztinnen,
die dem spanischen Volk zu Hilfe eilten.
Das
Leben in Spanien war nicht einfach. Krieg ist etwas Schreckliches und
Entsetzliches. Wir haben erlebt, wie Krieg in der Praxis ausschaut.
"Spaniens
Himmel breitet seine Sterne über unsere Schützengräben aus, und der Morgen
leuchtet in der Ferne, bald geht es zum neuen Kampf hinaus".
In
diesen Kämpfen sind viele von uns gefallen, viele sind verwundet worden und
viele haben alle mögliche Schrecken des Krieges miterlebt.
Ich
möchte bei dieser Gelegenheit betonen, daß es Kräfte in Österreich gibt, die
den Krieg verherrlichen und ihn als etwas Schönes mit Klim-Bim, Musik und Trara
hinstellen. Das Gegenteil ist der Fall. Krieg ist etwas ganz Entsetzliches. Man
muß sich vorstellen, was es bedeutet, wenn man wochenlang im Schützengraben
liegt, mit tausenden Läusen auf dem Körper sich nicht waschen zu können, und
manchmal auch das Essen nicht mehr ankommt. Das ist der Krieg.
Wir
haben all das erlebt und überlebt. Es gibt nicht mehr viele in Österreich, die
sagen können, ich war dabei. Aber jene wenigen, die noch existieren, haben eine
Verpflichtung, nicht zu vergessen, warum sie nach Spanien gegangen sind. Nicht
nur um die Freiheit des spanischen Volkes zu verteidigen und den Spaniern einen
Akt der Solidarität zu beweisen, sondern auch um Krieg zu führen gegen den
Krieg.
Wir
wußten, Faschismus bedeutet Krieg, Hitler bedeutet Krieg, und wenn der
Widerstand in Spanien erlahmt, dann würde es nicht mehr lange dauern, bis der
Zweite Weltkrieg an die Tür klopft. Und das hat die Geschichte bestätigt.
Sechs Monate nach Ende des Bürgerkriegs in Spanien, nach dem Sieg Francos,
brach der Zweite Weltkrieg aus und brachte 50 Millionen Tote über die Völker,
abgesehen von all den anderen grauenhaften Dingen eines Krieges.
Deshalb
möchte ich im Namen aller Interbrigadisten und im Namen aller Menschen, die
diese Erfahrungen des Krieges noch nicht vergessen haben, an die Verpflichtung
erinnern, die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Schon die
alten Griechen wußten: Wer die Vergangenheit vergißt, verliert die Zukunft.
Und wir wollen die Zukunft nicht verlieren, wir wollen eine schöne Zukunft in
Freiheit, mit Glück für unsere Kinder und mit Freude für unsere Alten, wir
wollen eine Zukunft, die lebenswert ist.
Einleitende
Worte auf dem Symposium der Alfred Klahr Gesellschaft „60 Jahre Internationale
Brigaden“, 23. November 1996 |