Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Zur Geschichte des Kommunistischen Jugendverbandes 1918–1945

1 . Vom Verband Jugendlicher Arbeiter zum Kommunistischen Jugendverband

Als am 8. November 1918, wenige Tage vor der Ausrufung der Republik Österreich, der KJV seine erste Großveranstaltung durchführte, war dies nicht nur der Beginn einer neuen Etappe der revolutionären Jugendbewegung in Österreich, sondern zugleich auch der vorläufige Abschluß eines langwierigen Differenzierungsprozesses innerhalb der Sozialdemokratischen Partei und besonders der Jugendbewegung.

Der "Verband Jugendlicher Arbeiter" (VJA), wie die Sozialistische Jugend damals hieß, entfaltete seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine rege Aktivität. Von seiten der Parteiführung war man allerdings bestrebt, diese Tätigkeit in "unpolitische" Bahnen zu lenken, um sich die Herausbildung einer linksoppositionellen Jugend zu ersparen. Besonders tat sich dabei Robert Danneberg von der SDAPÖ (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs) hervor, der nicht nur die Partei-Verantwortung für die VJA, sondern zugleich Funktionen in der Sozialistischen Jugendinternationale (mit Sitz in Wien) innehatte. Er versuchte, die Politik der SP-Führung in diesen Organisationen durchzusetzen. Das Schild, das er nach Kriegsausbruch an seiner Bürotür anbrachte, lautete: "Für die Dauer des Krieges geschlossen" und gab somit die SP-Haltung in Kurzfassung wieder.

Dagegen wandten sich international und national viele revolutionär eingestellte Jugendliche. Entgegen der "sozialchauvinistischen" Haltung der meisten sozialdemokratischen Parteien blieben große Teile der Jugendorganisationen revolutionär, das heißt, sie wandten sich gegen die Kriegsbegeisterung der Sozialdemokratie. Lediglich der österreichische VJA unter Danneberg stand treu zu seiner "sozialpatriotischen" Partei, die sich für den Krieg aussprach. Die Linksopposition gegen diese Politik mußte sich illegal organisieren. Bereits im September 1914 erschien ein hektografiertes Flugblatt mit einem Gedicht gegen die Verherrlichung des Krieges durch die "Arbeiter-Zeitung". Die Flugblätter wurden von Genossen der VJA-Gruppe Wien XVI/1 (Ottakring) hergestellt. Weitere oppositionelle Gruppen bildeten sich in Wien-Favoriten und Wien-Leopoldstadt heraus.

Wie sehr die linke Strömung innerhalb des VJA an Boden gewonnen hatte, merkte die Vereinsleitung spätestens im Dezember 1916, als zwei Gruppen auf einer Kreiskonferenz die Annahme des "Zimmerwalder Programms", also die Aufnahme der aktiven Agitation und des Kampfs gegen den Krieg, forderten.

1917 gaben die "linksradikalen" Jugendlichen schon ein eigenes Informationsblatt für Wien heraus, und im April 1917 errangen sie bei der Wiener Kreiskonferenz, die im Margaretener Eisenbahnerheim stattfand, erstmals die Mehrheit über die opportunistische Vereinsführung.

Folgende Resolution wurde damals angenommen: "So wollen wir offen aussprechen, daß die Jugendorganisation den Grundsätzen, die in der Partei herrschen, nicht teilnahmslos gegenüberstehen kann. Denn es gilt jetzt die Entscheidung darüber, in welcher Richtung wir künftig zu wirken haben. Denjenigen Genossen, die den Krieg moralisch stützten, die mit den Feinden des Proletariats Burgfrieden geschlossen haben, können wir nicht folgen."

Weiters forderte man:
1. Aufklärung über das Wesen des Militarismus und der "Vaterlandsverteidigung" durch Wort und Schrift.
2. Einführung eines Liebknecht-Fonds.
3. Verbreitung des Manifests der "Jugendinternationale".
4. Einsetzung einer Pressekommission, um die Haltung des Verbandsorgans in diesem Sinne zu beeinflussen. Im Verbandsorgan "Der jugendliche Arbeiter" soll ab sofort die Rubrik der (Kriegs-"Auszeichnungen") eingestellt werden.

Es ist verständlich, daß der SP-Parteivorstand alles daransetzte, die linke Mehrheit im Verband Jugendlicher Arbeiter rückgängig zu machen, was ihm im August 1917 auch gelang.

Die rechte Verbandsleitung versuchte, die unangenehmen Funktionäre loszuwerden, wobei sie es besonders auf Franz Koritschoner und Maximilian Lazarowitz abgesehen hatte, die von den Gruppen Wien XVI beziehungsweise Wien II zu "Bildungsräten" gewählt worden waren. Der Konflikt endete schließlich mit dem kollektiven Ausschluß der Gruppen II und X aus dem Verband. Durch den Ausschluß der Linken aus der einheitlichen Arbeiterjugendbewegung wurde diese nun auch organisatorisch gespalten. Die ausgeschlossenen und ausgetretenen Gruppen und Personen vereinigten sich in der Folge zum "Verband der unabhängigen Arbeiterjugend", der aber wenige Monate später verboten wurde, so daß er seine Arbeit illegal fortsetzen mußte. Im September 1917 wurde der Verein "Bildung" zum legalen Forum der revolutionären Linken, in dem Arbeiter, Soldaten und Studenten über die russische Revolution diskutierten, obwohl er von den Behörden scharf überwacht wurde. Dem Verein "Bildung" folgte die "Freie Vereinigung Sozialistischer Studenten", deren Leitung in den Händen der Linksradikalen lag.

Ständig bemüht, ihren Einfluß unter der Arbeiterschaft zu verstärken, gelang es den "Linksradikalen", Vertrauensmänner in den Betrieben von Neunkirchen, Wiener Neustadt, Wien-Floridsdorf und Wien-Favoriten zu gewinnen. Im Spätherbst 1917 fanden sich 32 Delegierte zur ersten "Reichskonferenz der Zimmerwalder Linken" im Föhrenwald von St. Egyden bei Wiener Neustadt zusammen. Nicht zufällig nahm der gewaltige Jännerstreik 1918 von diesem Gebiet seinen Ausgang.

Der Jännerstreik wurde von linksoppositionellen Jugendlichen führend mitorganisiert. In einem der Flugblätter der linksradikalen Jugendlichen "Das Volk steht auf", hieß es am Schluß:

"Mißtraut jenen patriotischen ,Arbeiterführern’, die Euch seit dem ersten Tag des Krieges verraten ... Ihr anderen aber steht nicht länger abseits. Heraus aus den Werkstätten! Dreht nicht mehr länger Mordgranaten! ... Laßt alle Räder stillstehen! ... Wählt Arbeiterräte, so wie in Rußland! und der Massengewalt des Proletariats wird der Sieg gehören. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!"

Die Verhaftungen hörten nicht auf. Nach und nach wurde davon der gesamte Kern der revolutionären Bewegung erfaßt. Trotzdem kam es im Juni 1918 zu neuerlichen Streiks und zu weiteren Verhaftungen.

Mit dem Untergang der Monarchie und der damit einhergehenden politischen Umwälzung erfolgten nicht nur die ersten Schritte zur Gründung einer kommunistischen Partei, sondern auch eines kommunistischen Jugendverbandes. Die Vorgespräche fanden in einem Dachgeschoßzimmer in Wien, am Schottenring 2, statt, wo sich auch das Parteisekretariat der KPÖ befand. Die offizielle Gründung des Verbandes erfolgte auf der Massenversammlung am 8. November 1918, fünf Tage nach der Konstituierung der KPÖ.

2. Die ersten Jahre des KJV 1918-1921

Offiziell nannte sich der KJV in seiner ersten Phase "Verband der (Kommunistischen) Proletarierjugend". Sekretär bis zum "ersten ordentlichen Delegiertentag des Kommunistischen Jugendverbandes" im August 1919, war Maximilian Lazarowitz. Bei der ersten Delegiertentagung wurde dann Richard Schüller mit dieser Funktion betraut. Organisationssekretär wurde Friedrich Hexmann. Mitglieder des "Zentralvorstandes", wie sich das oberste Gremium nannte, waren in diesen Jahren Hugo Zucker, Max Stern, Friedl Fürnberg, Richard Schüller, Willy Schlamm und andere.

Der junge Verband stand vor zwei Aufgaben: der Propagierung der Machtergreifung durch das Proletariat und dem Kampf für die wirtschaftlichen Interessen der arbeitenden Jugend, vor allem der Lehrlinge.

Die Zielsetzung der proletarischen Revolution schien durchaus nicht unrealistisch. Der Staatsapparat der Monarchie war zerfallen, der der Bourgeoisie war noch nicht stark genug. Wirtschaftliches Chaos, Massenarbeitslosigkeit, Inflation, Versorgungskrise, andererseits revolutionärer Aufschwung in den Arbeitermassen, Bildung von Betriebsräten, Arbeiter- und Soldatenräten sowie Roten Garden prägten das Bild Österreichs von 1918/19. Der KJV verband die  politische Agitation mit dem wirtschaftlichen Kampf. 1919 rief er die Berufsschüler zum Streik für die Abschaffung des Sonntagsunterrichts auf, was fast an allen Schulen begeistertes Echo fand. Die Sozialistische Jugend schaltete sich verspätet ein. Es kam zu einer gemeinsamen Demonstration vor dem Rathaus, an der rund 10.000 Lehrlinge teilnahmen.

1920 rief der KJV zum Streik der Lehrlinge für die Beseitigung des Samstagnachmittags- und Abendunterrichts und seine Einbeziehung in die Arbeitszeit auf, wieder mit großem Erfolg. Gleichzeitig wurden als organisierender Faktor Schülerräte in den Schulen und Klassen gewählt. Sie sollten bei der Verwaltung, beim Unterricht und bei den Prüfungen mitbestimmen. Die Sozialistische Jugend widersetzte sich zunächst der Forderung (sie wollte eine gesetzliche Regelung abwarten). Als die Bewegung aber um sich griff, schaltete sie sich wieder ein und begann ebenfalls Schülerräte zu wählen. Es kam zu einem gemeinsamen Schülerrätekongreß. Beide Forderungen wurden von Lehrlingen erkämpft. Der Fortbildungsschulrat verfügte durch Erlaß den Fachschulunterricht während der Arbeitszeit. 1921 forderte der KJV Freifahrscheine für Lehrlinge an den Unterrichtstagen. Diesmal war die Sozialistische Jugend bis zum Schluß dagegen, mit dem Argument, daß damit die Gemeinde Wien zu stark belastet würde. Vor den nächsten Wahlen wurde aber auch diese Forderung von der sozialdemokratischen Gemeindeverwaltung bewilligt.

Als "Nebenprodukt" dieser Kämpfe entstanden kommunistische Lehrlingsgruppen in einigen Betrieben und Lehrlingsheimen. Der Verband erstellte ein Programm für den Jugendschutz.

Die Zeitschrift des Verbandes hieß "Die Kommunistische Jugend". Ihre erste Nummer erschien im Jänner 1919. Ab Juli 1922 hieß das Organ des KJV "Die Proletarierjugend". Kam die "Kommunistische Jugend" ziemlich regelmäßig (mit einer kurzfristigen Unterbrechung, während der sie durch eine Jugendseite in der "Roten Fahne"- dem Zentralorgan der KPÖ – ersetzt wurde) alle 14 Tage heraus, so erschien die "Prol-Jug" jeden Monat.

Während der emsigen Organisationsarbeit und der Zeit des wirtschaftlichen Kampfes ruhte keinen Augenblick die politische Aktivität. Die Jugend nahm an allen Versammlungen, Aktionen und Demonstrationen der Partei teil. An der blutigen Demonstration der Arbeitslosen und Kriegsinvaliden am Gründonnerstag 1919, an der Demonstration für die Ungarische Räterepublik am 15. 6. 1919 (bei der sieben Jungkommunisten als Opfer des Gemetzels der Polizei in der Wiener Hörlgasse tot liegenblieben), am Generalstreik und den gemeinsamen Kundgebungen mit der Sozialdemokratischen Partei für Sowjetrußland und Räteungarn am 21. 7. 1919 und der spontanen Teuerungsdemonstration am 1. 12. 1921. Internationale Solidarität war für den KJV eine Sache der Tat. Leo Rothziegel von der Roten Garde eilte mit einem mit Waffen und Munition ausgerüsteten Bataillon der kämpfenden Ungarischen Räterepublik zu Hilfe. Er ließ sein Leben an der rumänischen Front. Hugo Zucker kämpfte mit seinen Leuten an der tschechoslowakischen Front.

Mit der Niederschlagung der Ungarischen Räterepublik hatte die revolutionäre Situation ihren Höhepunkt überschritten und endete mit dem letzten leidenschaftlichen Ausbruch der Arbeiterschaft gegen die Brotverteuerung am 1. 12. 1921. Während in der Partei mit Beendigung des revolutionären Aufschwungs der Richtungsstreit über den weiteren Weg begann und in einen persönlichen Machtkampf ausartete, blieb die Jugend von solchen inneren Auseinandersetzungen im wesentlichen verschont. Doch die Schwächung und Isolierung der Partei hemmte natürlich auch die Entwicklung des Jugendverbandes.

3. Der Kommunistische Jugendverband von 1922 bis 1933

Der Mitgliederstand des KJV war seit seiner Gründung infolge der wechselnden Kampfbedingungen und Aktionsmöglichkeiten immer einer starken Fluktuation unterworfen. Stützten sich die "linksradikalen" Sozialdemokraten auf einige hundert Jugendliche, so wuchs der KJV nach seiner Gründung als Führer und Träger der stürmischen Streikbewegung an den Gewerbeschulen auf 1.500 Mitglieder. Mit dem Abflauen dieser Aktivität und des revolutionären Aufschwungs schwankte der Mitgliederstand um die 500, um sich dann 1928 bei zirka 1.000 Mitgliedern zu konsolidieren. (Vorausgeschickt sei, daß der KJV unter den harten Bedingungen der Illegalität während des Austrofaschismus seinen größten Aufschwung erreichte und mehrere tausend Mitglieder umfaßte.)

Der Anteil der Mädchen blieb bis 1933 immer sehr niedrig und betrug nur wenige Prozent. Erst in der Illegalität stieg er sprunghaft an. Nach 1934 gab es vereinzelt (so in den Wiener Bezirken XII, XIII und XIX) sogar Zellen des KJV, die nur aus Mädchen bestanden. Die Steigerung des Mädchenanteils kam auch in den Leitungsorganen zum Ausdruck. Unter den Jungkommunisten, die ins Konzentrationslager kamen oder hingerichtet wurden, waren auch so hervorragende Funktionärinnen wie Hedy Urach, Herma Baumbach, Hermi Sagmeister, Gerti Schindel, Elfriede Hartmann, Grete Jost, Rosa Hofmann u.a..

Einem Wandel war auch die Mitgliederstruktur unterworfen. Waren es bei der Verbandsgründung hauptsächlich Mittelschüler und Studenten (mehr als 50 Prozent), so setzten sich die Mitglieder im Jahr 1920 aus 50 Prozent Metallarbeitern, 1.8 Prozent Buchdruckern, 8 Prozent Handelsgehilfen und nur mehr 7 Prozent Mittelschülern zusammen.

10 Prozent der KJVIer kamen aus Großbetrieben, 50 Prozent aus Kleinbetrieben. Dazu kam, mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die steigende Zahl der jugendlichen Arbeitslosen.

Der organisatorische Aufbau des KJV entsprach in großen Zügen dem der KPÖ. Grundlage bildeten jene Statuten, die 1917 von den Oppositionsgruppen innerhalb der Sozialistischen Jugend ausgearbeitet wurden. Änderungen traten 1921, 1924 und 1927 in Kraft. Die Basis bildeten Orts- und Bezirksgruppen, die in Landes- und Kreisorganisationen zusammengefaßt waren.

An der Spitze des KJV stand jeweils das von den Delegiertentagen (ab 1923 hießen sie Reichskongresse) gewählte Gremium, das man Zentralvorstand, Verbandsleitung, Zentrale, Zentrale Leitung und ab dem 7. Reichstagskongreß (1926) Zentralkomitee nannte. Namen wie Richard Schüller, Maximilian Lazarowitz, Friedl Fürnberg, Oskar Grossmann, Friedrich Hexmann, Willy Schlamm, Max Stern, Franz Kunert, Erwin Zucker, Anton Reisinger, Arnold Reisberg, Franz Quittner, Walter Stein, Hermann Köhler, Robert Täubl, Hedy Urach, Pepi und Fritz Lauscher, Erwin Puschmann, Alfred Klahr, Leo Gabler und Willi Frank sollen für viele andere stehen, die damals die Politik des KJV mitbestimmten.

Die Verbandszeitung hieß ab Juli 1922 "Die Proletarierjugend" und hatte in der Regel eine Auflage von 3.000 Exemplaren. Zu den diversen Agitationswochen wurde die Auflage dann erhöht.

Im "Jungarbeiterverlag" in der Pulverturmgasse im 9. Wiener Gemeindebezirk kamen auch Broschüren heraus. So die von Erwin Zucker (Schilling) verfaßte: "Drei Forderungen der werktätigen Jugend" (1924); "Das politische Grundwissen der jungen Kommunisten – Leitfaden für den politischen Grundunterricht der Kommunistischen Jugendverbände"; "Der Verbandsleiter. Heft 1: Instruktionen über den Aufbau von Betriebszellen"; "2+2 ½ = 2" (eine Broschüre über den Zusammenschluß der rechtssozialdemokratischen Zweiten und der zentralistischen sogenannten "Internationale 2 ½" zur Sozialistischen Arbeiter-Internationale 1923) und andere mehr.

Neben der praktischen politischen und sozialen Tageskampf wurde der theoretischen Erziehung der Jugend größere Bedeutung beigemessen. Bereits 1920 hatte man eine "Jugendbildungsschule" eingerichtet. deren Zweck die Heranbildung von Jugendfunktionären sein sollte. Trotz beträchtlicher personeller und finanzieller Schwierigkeiten bemühte man sich um eine möglichst systematische Bildungsarbeit. In Extrazimmern von Gasthäusern und in Privatwohnungen (Vereinslokale besaß der KJV ja kaum) fand man sich zu Schulungs- und Literaturabenden, zum gemeinsamen Singen zusammen. Auch Ausflüge, Bergsteigen und ganz allgemeine Sportausübung gehörten zur Bildungsarbeit. Zu diesen Schulungsabenden wurden oft Studenten als Vortragende eingeladen. Häufig waren es auch ZK-Mitglieder der Partei, die vor den KJV-Mitgliedern referierten. In zahlreichen Vorträgen über Jugenderziehung, Geschichte der Revolution, Geschichte der Arbeiterbewegung sowie die Geschichte und Probleme der proletarischen Jugendbewegung konnten allein im September 1920 zweitausend Besucher registriert werden.

Eine bedeutend wichtigere Rolle als heute spielte damals das Streben der Arbeiterjugend nach mehr Wissen. Die Möglichkeiten, die dafür von den Volkshochschulen, die im "Roten Wien" eine Blütezeit erlebten, geboten wurden, nutzten auch die jungen Kommunisten. Der KJV besaß einen eigenen Bildungsausschuß, veranstaltete eigene Verbandsschulen (Lenin-Schulen) u. a. m., doch lösbar schien das Kaderproblem so wenig zu sein wie das finanzielle.

Aktivitäten des KJV

Mit dem Jahr 1921 war die Periode des revolutionären Aufschwungs zu Ende. Der KJV und die KPÖ mußten nun in ihrer Politik den Gegebenheiten einer neuen Periode Rechnung tragen.

Das eine war, um der Isolierung zu entgehen, die Hinwendung zum verstärkten Kampf für die sozialen und wirtschaftlichen Rechte der Lehrlinge und der arbeitenden Jugend: für Jugendschutzgesetze und ihre Durchsetzung, für die Einhaltung des Achtstundentags, für vier Wochen Urlaub, für die Staffelung des Lehrlingslohnes nach Lehrjahren. Und das geschah nicht nur durch Propaganda, sondern in direkten Interventionen bei Lehrherren, Betriebsräten, der Lehrlingsschutzstelle, in den Gewerkschaften usw.

Das andere war der Kampf gegen die wachsende Reaktion, der immer dringender wurde. Der Kapitalismus hatte die politische Krise überwunden, die SPÖ wurde aus der Regierungskoalition hinausgedrängt, die Exekutive und das Bundesheer wurden von "linken Elementen" (die 1918/19 dort Fuß fassen konnten) gesäubert, die faschistischen Heimwehren materiell unterstützt und verstärkt bewaffnet, "gelbe" (d.h. den Unternehmern hörige) Gewerkschaften gegründet, blutige Provokationen gegen die Arbeiterklasse gesetzt. Es ist ein bleibendes Verdienst von KPÖ und KJV, daß sie bis zur Katastrophe im Februar 1934 ohne Unterlaß vor dem Faschismus gewarnt, Aktionen gegen die reaktionären Umtriebe in diesen Jahren durchgeführt haben und es nie unterließen, nach der Einheit, nach dem gemeinsamen Kampf mit den sozialdemokratischen Arbeitern, nach dem Einsatz des Republikanischen Schutzbunds gegen die reaktionären und faschistischen Übergriffe zu rufen.

In der Mitte der zwanziger Jahre, als die Folgen der Genfer Sanierung die gesamte Arbeiterschaft in Form wirtschaftlicher Verelendung erreichten, verstärkte sich der Kampf des KJV. Immer massiver trat in der "Proletarierjugend" die Aufdeckung der grenzenlosen Ausbeutung der Arbeiterjugend in den Vordergrund. Das Elend hatte auch greifbare Auswirkungen auf die Organisation. Nicht nur, daß man oft auf Todesanzeigen von KJVlern stößt, die an der "Proletarierkrankheit" (Knochentuberkulose, Gelenksrheumatismus) starben, auch die Tatsache, daß es vielen Jugendlichen schwerfiel, den Mitgliedsbeitrag zu entrichten, veranschaulicht diese Armut.

Pfingsttreffen

Seit dem Jahre 1921 traf sich der KJV alljährlich zu Pfingsten. Vorwiegend in Niederösterreich und im Burgenland für den KJV von Wien, Niederösterreich und Oberösterreich sowie in der Obersteiermark für den KJV von Kärnten und der Steiermark fanden diese Treffen statt. Sie standen jeweils unter den aktuellen Losungen. Ein Pfingsttreffen, das sich wegen seines Verlaufes von den anderen abhob, soll hier näher beschrieben werden. Es handelt sich um das Pfingsttreffen 1925, das man in Linz angesetzt hatte. Da zur gleichen Zeit die rechtsextremistischen Vaterländischen Verbände in Linz ein Treffen angemeldet hatten, untersagten die Behörden diese KJV-Veranstaltung. Zwar sagte der Verband dieses Treffen offiziell ab, doch wurde parallel dazu eine "Besuchsreise" nach Linz organisiert. Die Polizeikontrollen begannen bereits am Wiener Westbahnhof und sollten sich in Linz fortsetzen. Doch durch den Linzer Genossen Oskar Deubler gewarnt, stiegen die im Zug befindlichen KJVler bereits in Kleinmünchen, einer Station vor Linz, aus dem Zug aus und marschierten zu Fuß nach Linz. Eine 200 Mann starke Polizeieinheit stellte sich ihnen dort in den Weg und erzwang die Auflösung des Zuges.

Einzeln ging man nun zum Veteranentreffen der Vaterländischen, wo ein Handgemenge unvermeidlich schien. 220 Verhaftungen wurden vorgenommen. Erst auf Intervention der KJV-Funktionäre Erwin Zucker und Walter Stein wurden sie bis auf 30 freigelassen und von den anderen zum Bahnhof geführt. In Wien erwartete sie wieder die Polizei. Im Zuge der Verhandlung am 12. Juni 1925 gegen die 30 in Linz inhaftierten KJVler wurden einige zu mehrwöchigen Arrest verurteilt. Nicht-Linzer wie zum Beispiel Max Stern, der Mitglied der Verbandsleitung war, erhielten zehn Jahre Stadtverbot.

Die Pfingsttreffen, die gegen Ende der zwanziger Jahre immer deutlicher einen antifaschistischen Charakter erhielten (wie zum Beispiel das im Jahr 1929 in Kapfenberg, das eine Kampfansage gegen den in der Obersteiermark wuchernden Heimwehrfaschismus war), waren ein fixer Bestandteil im Leben des KJV und eine Einrichtung, die auch nach dem zweiten Weltkrieg wieder auflebte.

Jugenddelegationen in die Sowjetunion

Österreich war das erste Land, das mit einer Jugenddelegation den internationalen Boykott der Sowjetunion durchbrach. Im Herbst 1925 startete die erste Delegation in die Sowjetunion. An diesen Reisen beteiligten sich KJV- wie SAJ-Mitglieder. Diese Delegationen waren nicht gerne gesehen, weder von der Sozialdemokratie noch von der Polizei. So wurde der Obmann der Katholischen Arbeiterjugend einmal aus dem Zug geholt und an der Reise gehindert. Die SP verbot nach der dritten Reise überhaupt die Teilnahme für ihre Parteigänger. Das war die Reaktion darauf, daß die gesamte SAJ-Gruppe aus Wien-Leopoldstadt nach der ersten Reise zum KJV übergetreten war.

Verhältnis zur SAJ

Der Sympathisantenkreis des KJV war immer ungleich höher als es die Mitgliederzahl vermuten ließ. Das hing zum Teil mit der Breite der Sozialistischen Arbeiterjugend zusammen, die den größten Teil der fortschrittlichen Jugendlichen in ihren Reihen vereinigte. In schwierigen politischen Situationen kam es allerdings innerhalb der SAJ zu inneren Spannungen, was öfter zu Übertritten zum KJV führte. Es gab von seiten des KJV immer das Bemühen, die SAJ zu gemeinsamen Aktionen, zur Zusammenarbeit zu motivieren. So waren zum Kongreß der Metallarbeiterjugend im November 1925, einer der wichtigsten politischen Veranstaltungen in jenen Jahren, auch sozialistische Jugendliche eingeladen. Von den 100 Teilnehmern waren denn auch 50 Sozialisten und Parteilose. Gleichzeitig attackierte die "Prol-Jug" die SJ-Verbandsführung und druckte, vor allem gegen Ende der zwanziger Jahre "Erfolgsmeldungen" über Beitritte von SAJ-Mitgliedem zum KJV ab.

Das Antikriegskomitee, das im Juli 1929 gegründet wurde, war ein weiterer Versuch zur Gewinnung sozialdemokratischer Jugendlicher für den gemeinsamen Kampf. In der Teilnahme etlicher jugendlicher Sozialisten am Sportfest in Kapfenberg im selben Jahr zeigten sich erste Früchte dieser Arbeit. Ab 1930 gab es zumindest in Wien verstärkt direkte Kontakte zur SAJ, zu den sozialistischen Wehrsportlern und den Roten Falken.

Internationale Arbeit

1919 gehörte der KJV zu den Gründungsmitgliedern der aus der Sozialistischen Jugendinternationale hervorgegangenen Kommunistischen Jugendinternationale. Richard Schüller war auf diesem Kongreß der österreichische Vertreter und gehörte jahrelang dem Exekutivkomitee der KJI an.

Gute Kontakte pflegte der KJVÖ auch mit dem KJV der Tschechoslowakei. Es kam ab 1922 zu häufigen Treffen, die im Grenzort Hohenau (Niederösterreich) stattfanden. Der große KJV Deutschlands unterstützte die österreichischen Jungkommunisten mit Literatur, Schulungsmaterialien und ähnlichem. Auf Grund der gemeinsamen Sprache waren diese Beziehungen besonders eng.

Das Ende der legalen Phase

Der KJV organisierte zahlreiche antiimperialistische und antifaschistische Demonstrationen, um die Solidarität der österreichischen Arbeiterjugend mit den Werktätigen in den faschistischen Ländern zum Ausdruck zu bringen. So veranstaltete er im März 1930 vor der griechischen, im selben Jahr vor der polnischen und im Jänner 1931 vor der jugoslawischen Botschaft Kundgebungen. Hier kam es bereits zu zahlreichen Verhaftungen, die sich dann auch bei der Demonstration vor der deutschen Gesandtschaft im April 1931, wo auch Fensterscheiben zu Bruch gingen, fortsetzten.

Am 23. September 1931 erfolgte unter anderem wegen der erwähnten Demonstrationen vor den Botschaften die behördliche Auflösung des KJV. Offizieller Grund war "Überschreitung" der Statuten. Der KJV war im Vereinsregister als "Verband der Proletarierjugend Österreichs" eingetragen. In der Bezeichnung "kommunistisch" sah die Polizei ebenso wie in den internationalistischen Solidaritätsaktionen einen Versuch zur Bildung einer "politischen" Jugendorganisation, und Politik war damals für die Jugend behördlich verboten. Die KJVler ließen sich jedoch unter dem neuen Namen "Roter Jugendverband" registrieren. Doch kaum einen Monat später war auch er verboten. Bis 1933 arbeitete der KJV halblegal. Man versuchte mit immer neuen Namen eine behördliche Zulassung der Organisation zu erreichen, scheiterte aber an den Ablehnungen. Trotz dieser Schikanen wuchs die Organisation, der KJV gewann an Einfluß, und auch die Aktionseinheit mit der SAJ wurde fester.

Zur Festigung des teilweise kameradschaftlichen Verhältnisses zu den jungen Sozialisten trugen auch die militanten Auseinandersetzungen mit den Nazis (besonders der SA) bei, die zu Beginn der dreißiger Jahre eine zunehmende Rolle spielten. Ihr Versuch, in den Wiener Arbeiterbezirken Parteilokale zu eröffnen, wurde überall – und zwar mit zustimmender Beteiligung der Bevölkerung – energisch bekämpft. Die Parole war: "Hinaus mit den Faschisten aus den Arbeitervierteln!" In der Regel kam es dabei zu Schlägereien mit der SA und der Polizei auf der einen und den Bewohnern des Viertels und den jugendlichen Arbeitern von SAJ und KJV auf der anderen Seite.

Während der Kampftage im Februar 1934 waren KJVler aktiv dabei, sie drängten auf Offensivoperationen, zum Beispiel in den westlichen Bezirken Wiens auf Unterbindung des Verkehrs der Westbahn, wobei Karl Delian, Hrejzemnou (er stand später in den Reihen der Interbrigaden in Spanien im Kampf gegen den Faschismus) und Piller es besonders verdienen erwähnt zu werden.

Die in vielen Bezirken Wiens, aber auch in den Bundesländern nach dem 12. Februar 1934 erfolgten Massenübertritte von Roten-Falken-Gruppen, SAJIern, Wehrsportlern und Mitgliedern des Sozialistischen Mittelschülerbunds wären ohne die geduldige und zähe Arbeit der KJVler innerhalb dieser Organisationen kaum möglich gewesen. Das hatte nichts mit einer "Unterwanderungsstrategie" zu tun, die den Kommunisten noch heute unterstellt wird, sondern hatte die Herstellung der so dringend erforderlichen Kampfeinheit gegen den Faschismus zum Ziel. Eine besondere Rolle spielte hiebei die Schaffung der "Antifaschistischen Aktion". Wichtigster Erfolg der Antifa-Kampagne war die Verhinderung eines Wien-Besuchs Hitlers im Herbst 1932.

In diesen Jahren intensivierte der KJV auch seine Kontakte zur ländlichen Jugend. Besonders die kleinen Bauernwirtschaften wurden von der Wirtschaftskrise schwer getroffen, immer häufiger kam es zu Zwangsversteigerungen. Gemeinsam mit der KPÖ organisierte der KJV Aktionen gegen solche barbarische Maßnahmen, mit denen gerade den Ärmsten im Dorf die Existenzgrundlage entzogen wurde. Diese "Landarbeit" der Kommunisten war um so wichtiger, als die Sozialdemokratie die arbeitende Bevölkerung auf dem Lande weitgehend vernachlässigt hatte und es teilweise den Nationalsozialisten gelang, radikalisierte Teile der dörflichen Bevölkerung mit ihrer "Blut-und-Boden"-Ideologie an sich zu binden.

4. Der Kommunistische Jugendverband in der Illegalität vor 1938

Nach den Februarkämpfen war die Entwicklung des KJV der der KPÖ ähnlich. Aus einer mitgliederschwachen Organisation wurde zusehends eine immer einflußreichere, deren Reihen sich laufend durch Übertritte aus der sozialdemokratischen Jugendbewegung auffüllten.

Obwohl sich auch in der Illegalität aus der sozialen Lage der Arbeiterjugend Anknüpfungspunkte für den politischen Kampf ergaben, ging es vorerst darum, den Klassencharakter der austrofaschistischen Diktatur aufzuzeigen. Für den KJV war dies die Fortsetzung einer Politik, deren Wurzeln bis 1923 zurückreichten, als die Kommunisten erstmals klar zum Faschismus Stellung nahmen. Recht eindeutig wurde er bereits als "Hofhund der Kapitalisten" charakterisiert, der die "Todesangst des Kapitalismus" signalisiere. Die Forderung, die man damals (Mai 1923) aufstellte, war nach 1933 ohne Streichung und Zusatz noch immer gültig. Sie hieß:

"Wir dürfen deshalb nicht die Hände in den Schoß legen, sondern haben die Pflicht, mit allen Kräften den Faschismus zu bekämpfen, um ihn niederzuwerfen, noch bevor er sich völlig weiterentwickeln kann. Jede Untätigkeit, jedes Zaudern der proletarischen Parteien und der Gewerkschaften müßte die Arbeiterschaft sonst später mit zahllosen Opfern und schwerem Leid bezahlen." ("Proletarierjugend" Nr. 2, Mai 1923.)

Ein weiterer Punkt der Agitation vor 1938 war natürlich der Hinweis auf die Gefahr einer Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland. Daß damit die Kriegsgefahr erhöht werde, fand ebenfalls seinen Ausdruck im Kampf des illegalen KJV und der kommunistischen Studenten.

In dieser Kurzdarstellung darf ein Inhalt, der sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der kommunistischen Bewegung, somit auch der Jugend zieht, nicht unerwähnt bleiben: der Kampf für die Verteidigung des ersten sozialistischen Staats der Welt, der Sowjetunion.

Neben der Darstellung der Revolution ging es in den ersten Jahren um die Aufklärung über den imperialistischen lnterventionskrieg, dem die Sowjetunion ausgesetzt war. Dem folgte die Darlegung der Veränderung der Lage der Jugend durch die Revolution, ihrer Möglichkeit zur Bildung und der Sicherheit einer geregelten Arbeit. So schlecht es auch der Jugend in Österreich ging, führte man doch eine Solidaritätssammlung durch, als deren Ergebnis ein Radiolautsprecher der Kommunistischen Jugend der Sowjetunion übergeben werden konnte. Nach dem Februar 1934, als die Februarkämpfer verfolgt wurden, was unzählige Arbeiterfamilien an den Rand ihrer Existenz brachte, konnten zahlreiche Kinder und Jugendliche in die Sowjetunion reisen.

Umstellung auf die Illegalität

Die geänderte Arbeitssituation war nicht einfach zu bewältigen. Dazu waren neue Strategien und Techniken erforderlich, die man vielfach nicht von vornherein kannte und planen konnte. Zuerst mußte der organisatorische Aufbau des KJV geändert werden. Das zentrale, von Wien ausgehende und die Provinz einschließende System mit all seinen Verbindungen in die einzelnen Ortschaften und der damit verbundenen großen Verflechtung der Kader mußte beseitigt werden. An seine Stelle trat ein Zellensystem, wobei eine Zelle aus drei bis fünf Personen, die sich oft nur mit Decknamen kannten, bestand. Ein Mitglied solch einer Zelle hatte dann Verbindung mit einer anderen Zelle oder nur zu einem "Verbindungsmann", der einerseits zentrales Material brachte (oder politische Instruktionen übermittelte) und andererseits Informationen oder gesammeltes Geld weiterleitete. Dieses System reduzierte die Gefahr einer weitreichenden Aufdeckung durch die Polizei, war aber kein totaler Schutz zum Beispiel gegen eingeschleuste Spitzel.

Natürlich gab es dennoch weiterhin zentrale Funktionäre, die in Wien beziehungsweise im Prager Exil tätig waren, wohin auch das Zentralkomitee der KPÖ seinen Sitz verlegt hatte. Wegen Verhaftungen oder Entsendung auf die Internationale Lenin-Schule (ILS) in Moskau kam es immer wieder zu Veränderungen, so daß die namentliche Umgrenzung der KJV-Leitung schwer festzulegen ist. Zentrale Funktionen hatten nach dem Februar 1934 inne: Willi Frank, Josef Lauscher, Jula Günser (er wurde später von der Gestapo zu einem Spitzel gemacht), Christian Broda (er war einer der Exponenten einer trotzkistischen Gruppe im KJV), Hedy Urach, Leo Gabler (er war ab 1935 KJV-Vorsitzender, ging nach seiner Haft in Wöllersdorf 1937 nach Moskau auf die ILS und war Vertreter des KJV im EKKI der KJI), Fritz Hedrich, Ernst Burger, Bruno Dubber ("Walter", ein Deutscher, der zur Unterstützung der illegalen Arbeit von der KJI nach Österreich geschickt wurde und i.d.F. auch im Apparat der KPÖ tätig wurde)  und ab Herbst 1937 bis zur Okkupation Otto Brichacek ("Inlandssekretär", der dann in der englischern Emigration Vorsitzender von "Young Austria" war und nach dem Krieg Vorsitzender der "Freien Österreichischen Jugend" wurde).

Die Tatsache, daß der KJV bereits über Erfahrungen in der illegalen Arbeit verfügte, weshalb er als "Lehrmeister" im Kampf gegen den "grünen" Heimwehrfaschismus geschätzt wurde, war ein zusätzlicher Anziehungspunkt für linke Jugendliche nach dem Februar 1934

Hinein in die legalen Organisationen!

Die Erkenntnis, daß man nur dann seine politischen Zielvorstellungen erreichen kann, wenn man imstande ist, diese an die Massen der Arbeiterjugend heranzutragen, hatte der KJV bereits in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre in die Praxis umzusetzen versucht. Es war daher klar, daß man nach dem Verbot von 1931 diese Linie verstärkt weiterverfolgte. Vor 1934 ging man in den "GÖC-Klub" (GÖC = Großeinkaufsgesellschaft Österreichischer Konsumvereine, eine Organisation der Arbeiterschaft zur Bereitstellung von billigeren Lebensmitteln und Konsumwaren, gegründet 1905, Vorläufer des heutigen Konsums), nach 1934 ins "Österreichische Jungvolk" (der austrofaschistischen Staatsjugendorganisation) oder in die "Einheitsgewerkschaften". Der VI. Weltkongreß der KJI, der im Oktober 1935 in Moskau stattfand, bestätigte die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges. Man forderte die einzelnen kommunistischen Jugendverbände zusätzlich auf, endlich Schluß zu machen mit dem Kopieren der Parteimethoden. "Die kommunistischen Jugendverbände müssen alle jene Organisationsformen ausnützen, die es ihnen ermöglichen, Sport und Spiel, alles, was die Jugend liebt, zu bieten. Aber nicht so wie die Bürgerlichen, um die Jugend zu entpolitisieren’ sondern um diese breiten Massen der Jugend im marxistisch-leninistischen Geist zu erziehen... Alle legalen Möglichkeiten der Zusammenfassung der Jugend sind auszunützen. Ob in den Sportorganisationen, faschistischen oder katholischen Jugendorganisationen, überall wo Jugendliche sind, muß der Kampf um diese Jugend geführt werden."

Hauptgebiete der illegalen Tätigkeit des KJV in Österreich

1937 unterhielt der KJV eine weitverzweigte Organisation entlang der Südbahnlinie der ÖBB, die die Industriegebiete dieser Gegend mit den Ortschaften Ternitz, Grünbach, Schlöglmühl, Pottschach, Gloggnitz und Neunkirchen einschloß. Karl Flanner war in diesem Gebiet der leitende Funktionär, der den hier eingesetzten Erich Fein (er gehörte zu den 1931 zum KJV übergetretenen SAJ-Mitgliedern) ablöste. Trotz der geschilderten Konspiration wurden die KJV-Gruppen von der Verhaftungswelle 1934 arg getroffen, was einen Neuaufbau unter erhöhter Vorsicht erforderte. Gegen 1937 bestand dann auf der Südbahnstrecke wieder eine verästelte Organisation, die das obersteirische Industriegebiet und Kärnten einschloß, wobei die Verbindungen bis nach Hallein und Salzburg sowie Innsbruck weitergingen. Geleitet vom Mitglied der "Provinzkommission" (PROKO) Fritz Pietzka (nach 1938 von Hermine Sagmeister) wurde hier ein Netz von Zellen vor allem in den Betrieben aufgebaut.

Auch in den westlichen Bundesländern, vor allem in Oberösterreich, hatte der KJV starke Gruppen. Im Raume Linz, Wels, Traun, Attnang-Puchheim, Ried im Innkreis sowie im Salzkammergut gab es aktive Gruppen, die es gerade hier nicht verabsäumten, auf die fortschrittliche Rolle des oberösterreichischen Bauernführers im 17. Jahrhundert, Stefan Fadinger, hinzuweisen und anzuknüpfen.

Die KJV-Organisationen in Oberösterreich waren auch deshalb von zentraler Bedeutung, weil einige von ihnen den Transport des illegalen Materials, das aus Prag nach Österreich kam, sicherten und weiterleiteten. Eine dieser Routen ging über Krumau, über die Ruine Pürnstein nach Neufeld bei Rohrbach, die andere über Sandl nach Linz. In einer Anzeige der Polizei an die Staatsanwaltschaft hieß es am 11. 9. 1935: "Am 25. Juli 1935 wurde in Freistadt... 78 kg kommunistisches Propagandamaterial, welches aus der Tschechoslowakei nach Österreich geschmuggelt worden war... beschlagnahmt."

Das Haupttätigkeitsfeld des KJV bestand aber zweifellos in Wien. Hier liefen die Fäden der Organisation zusammen, arbeitete das Sekretariat, das die laufende Arbeit leitete. Hier entstanden auch eine große Anzahl der Texte der zentralen Flugblätter, Zeitungen und Broschüren, in denen die Politik des KJV formuliert wurde. Ob es das Zentralorgan des KJV "Proletarierjugend", das Funktionärsorgan "Der junge Bolschewik", der vom ZK des KJV herausgegebene "Jugendführer", der "Katholikenbrief" oder "Der Rekrut" (Organ für die Interessen der Bundesdienstpflichtigen) war, sie alle wurden meist in Wien konzipiert und auch hergestellt beziehungsweise von hier aus zur weiteren Verbreitung durch Kuriere in die Bundesländer gebracht. Die "Prol-Jug" wurde seit der Mitte des Jahres 1936 in der CSR hergestellt und nach Österreich transportiert. In Wien bestand die beste Möglichkeit, die politischen Zielvorstellungen umzusetzen. Hier bestanden die Zentralen der offiziellen Organisationen, in die man "hineinarbeitete" und "hineinging", um jene Politik zu machen, welche man auf den verschiedensten Konferenzen des KJV, die in Österreich und der CSR stattfanden (und repräsentativ beschickt waren), diskutiert und zum Beschluß erhoben hatte.

Inhalte der KJV-Politik

Die jungen Kommunisten forderten in erster Linie Versammlungs-, Koalitions- und Pressefreiheit. Sie sprachen sich gegen den drohenden imperialistischen Krieg aus und traten für die Verteidigung der Sowjetunion ein. Sie propagierten die Errungenschaften der Sowjetunion, vor allem jene, die der Jugend zugute kamen.

Weiterhin war die Solidarität ein integraler Bestandteil der Politik des KJV. Man sammelte Geld für die Familien der in Österreich Inhaftierten und Verfolgten, später für das gegen den Faschismus kämpfende Spanien. In Flugblättern und Broschüren forderte man zur Bildung der proletarischen Einheitsfront, nach dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale (KI) zur umfassenden Volksfront auf. Zentrales Anliegen war natürlich die Analyse des Faschismus und seiner zum Krieg führenden Politik. Dabei ging es nicht nur um die Aufklärung über den deutschen Faschismus, obwohl dieser zweifellos die größte Gefahr darstellte, sondern auch um die Aufklärung über den österreichischen Faschismus der Heimwehren, des christlichsozialen Bundeskanzlers Dollfuß und – nach dessen Ermordung durch die Nazis im Juli 1934 – über die Politik Schuschniggs. Deren Gegnerschaft zum Nationalsozialismus war nicht prinzipiell: Sie kopierten sogar einzelne Einrichtungen der Nazidiktatur in Deutschland, und auch sie sahen in einem "Großdeutschland", in einem neuen "Reich" ihr Ziel – nur sollte es von Wien aus aufgerichtet werden. Daneben agierten die alten Habsburg-Monarchisten (mit einer antinazistischen Komponente), aber auch diese schwärmten von der "deutschen Mission" Österreichs im Osten.

Der Austrofaschismus war ökonomisch und politisch wesentlich schwächer als der deutsche oder italienische Faschismus; das war der Grund dafür, warum es etwas "gemütlicher" zuging als etwa in Nazideutschland und warum sich die österreichischen Faschisten keine Aggressionen nach außen erlauben konnten. Doch auch sie rüsteten in den dreißiger Jahren auf, 1936 wurde die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.

Den Kampf gegen diese Maßnahmen führte der KJV im Rahmen seines allgemeinen Kampfs gegen den Militarismus und die ständig zunehmende Kriegsgefahr. Die "Soldatenarbeit" wurde von einem eigenen, streng konspirativen Apparat unter der Leitung von Miron Pasicznik, Karl Delian und Willi Vaupotic organisiert. "Der Rote Soldat" erschien regelmäßig, gedruckt und mit relativ hoher Auflage bereits vor der Einführung der Wehrpflicht.

Der wichtigste Schwerpunkt bei der Verwirklichung der Losung "Heran an die Massen der Jugend" waren die Betriebe: Es gab Dutzende Betriebsorganisationen des KJV. Immer wieder rief die "Prol-Jug" auf zur Einheitsfront und berichtete über jede gemeinsame Aktion von SAJ- und KJV-Gruppen. "Schafft die Einheitsfront, dort wo die Jugend kämpft und lebt", hieß die Parole. In einem Flugblatt zum 1. Mai 1935 hieß es: ... Macht den 1. Mai zu einem Tag der kämpfenden Einheitsfront, gegen die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, für die Arbeitsbeschaffung zu tariflichem Lohn, gegen Lohnabbau, für Lohnerhöhung, für die 40-Stunden-Woche zu vollem Lohnausgleich’ gegen die imperialistische Kriegsaufrüstung, für die Verteidigung der Sowjetunion, des Hortes des Friedens, des Vaterlandes der Werktätigen der ganzen Welt. Für die Wiederherstellung der Rechte der Arbeiterjugend, für Streikrecht, für Versammlungsrecht und Pressefreiheit."

Nach dem VII. Weltkongreß der Komintern, der 1935 in Moskau stattfand, wurde alles unternommen, um die erarbeitete politische Linie umzusetzen. Man bemühte sich um den Zusammenschluß aller antifaschistischen Kreise. Im Jänner 1937 stellte die "Prol-Jug" die Frage, was der KJV zur Verwirklichung der Beschlüsse des VI. Weltkongresses der KJI getan hat: ... Wir begannen auf breiter Basis mit der legalen Massenarbeit unter der gewerkschaftlichen und katholischen Jugend."

Als sich nach dem Juliabkommen 1936 zwischen Hitler und dem österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg die Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland abzuzeichnen begann, verstärkte der KJV seinen Kampf zur Mobilisierung der Jugend gegen diese Bedrohung der Unabhängigkeit Österreichs und des Friedens. Dies wurde nun zur wichtigsten Kampfaufgabe, was, wie es einem Rundschreiben des Staatssicherheitsdienstes zu entnehmen war, auch die austrofaschistischen Behörden mitbekamen.

Die zentralen Inhalte der Politik des KJV kamen im Referat des KPÖ-Vorsitzenden Johann Koplenig, auf der KJV-Reichskonferenz im Frühjahr 1937 zur Sprache. Er führte unter anderem auch aus, daß das Vertrauen nur gewonnen werden kann, wenn man nicht nur in Worten, sondern auch in praktischen Taten gegen die soziale und politische Unterdrückung und Entrechtung der Jugend kämpft. Zur Frage der österreichischen Nation unterstrich er, daß es im Kampf gegen den Hitler-Faschismus notwendig ist, die nationale Entwicklung des österreichischen Volkes zu studieren und im österreichischen Volk ein nationales, österreichisches Bewußtsein zu entfachen, um den Willen zur Verteidigung der Unabhängigkeit zu entwickeln.

Die Frage der österreichischen Nation

Die entscheidende politische Frage in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre war für Österreich die Erhaltung seiner Eigenstaatlichkeit. Da die Austrofaschisten Nazideutschland Zugeständnisse machten, indem sie Österreich zum "zweiten deutschen Staat" erklärten, war die Verteidigung der österreichischen Unabhängigkeit gegen die Aggressionspolitik Hitler-Deutschlands auch international von großer Bedeutung.

Das Zentralkomitee der KPÖ hatte 1936 Alfred Klahr (er war seinerzeit KJV-Funktionär und promovierte Ende der 20er Jahre an der Universität Wien) damit beauftragt, diese Frage theoretisch und historisch zu untersuchen. Klahrs Analyse erschien in der März- und April-Nummer 1937 der theoretischen Zeitschrift "Weg und Ziel" unter dem Titel "Zur nationalen Frage in Österreich". Klahr wies nach, daß die Österreicher zu der Zeit, als sich endgültig die deutsche Nation herausbildete (zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts), mit den Deutschen weder staatlich noch wirtschaftlich eine Gemeinschaft bildeten, daß es eine von der deutschen verschiedene österreichische Kulturtradition gibt. Daß beide Völker dieselbe Sprache sprechen, spielt dabei keine Rolle – auch Serben und Kroaten, Dänen und Norweger, Engländer und Amerikaner sind unterschiedliche Nationen, obwohl sie jeweils eine Sprachgemeinschaft bilden. Klahr schrieb damals, daß die Herausbildung einer eigenen österreichischen Nation noch nicht abgeschlossen sei, weil ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung sich noch immer "Deutsch" fühlte. Hauptaufgabe des antifaschistischen Kampfes müsse es daher sein, eine Front aller pro-österreichisch gesinnten demokratischen Kräfte zu schaffen, den Österreichern ihre nationale Eigenart bewußt zu machen und damit gleichzeitig den Verrat der Austrofaschisten, die sich zwar sehr "patriotisch" gebärdeten, gleichzeitig aber von einer "deutschen Mission" Österreichs schwärmten, zu entlarven.

Nicht nur viele Sozialdemokraten hielten noch immer an den alten Forderungen von 1848 nach einer demokratischen deutschen Republik unter Einschluß der deutschsprachigen Österreicher fest und wollten nicht zur Kenntnis nehmen, daß sich mittlerweile längst ein Deutsches Reich unter Ausschluß Österreichs gebildet hatte, daß eine ganze historische Epoche zwischen den republikanisch-demokratischen Kräften der deutschen Revolution von 1848 und der braunen Barbarei in Nazideutschland lag. Auch innerhalb des KJV konnten erst heftige Diskussionen die Vorbehalte vieler Mitglieder ausräumen, die fürchteten, durch die Betonung des österreichisch-patriotischen Charakters des Kampfes gegen den Nationalsozialismus in eine Gemeinschaft mit den verhaßten Austrofaschisten zu geraten. Vor allem die vielen 1934 aus der SAJ zum KJV gestoßenen Mitglieder standen in der nationalen Frage zum Teil noch auf den alten austromarxistischen Positionen. Diese Diskussionen stellten gleichzeitig einen wichtigen Bestandteil der ideologischen Erziehungsarbeit dar, weshalb ihnen von der Verbandsführung großes Gewicht beigemessen wurde.

5. Der spanische Freiheitskampf – Internationalismus der Tat

Die internationale Solidarität war ein nicht wegzudenkender Faktor im Rahmen des KJV. Die Solidarität mit der Spanischen Republik begann nicht erst bei Ausbruch des spanischen Freiheitskampfes 1936, sondern schon wesentlich früher.

1931 wurde die seit acht Jahren bestehende monarcho-faschistische Diktatur in Spanien durch den Wahlsieg von Sozialisten und Republikanern beseitigt und die Republik ausgerufen. Das war bereits Ausdruck für die wachsende Stärke der Arbeiterschaft, die 1936 als Volksfront einen Wahlsieg erringen konnte. Die proletarische Einheitsfront war im Begriffe, den Faschismus in die Schranken zu weisen. Der Feind aber ließ nichts unversucht. Bereits vor diesem Wahlsieg versuchte die Rechte mit allen Mitteln, die Arbeiterschaft zurückzudrängen und konnte sich dabei auf die Mithilfe der deutschen Nazis stützen. 1933 organisierte sich die monarchistische und profaschistische Reaktion, 1934 kam eine rechte Regierung ans Ruder, gegen die sich eine breite Massenbewegung entfaltete: Im nordspanischen Asturien wurde aus dem Streik der Bergarbeiter ein Aufstand, der von der Regierung blutig niedergeschlagen wurde. Gegen "Rädelsführer" der antifaschistischen Massenbewegung wurden Todesurteile vollstreckt.

Führte die spanische Arbeiterschaft nach den österreichischen Februarkämpfen in Spanien große Kundgebungen durch, um ihrer Verbundenheit mit dem österreichischen Proletariat und seinem Kampf gegen den Faschismus Ausdruck zu verleihen, so war es bald diese in der Illegalität agierende österreichische Arbeiterschaft, die nun ihrerseits für die spanischen Klassengenossen Solidaritätsaktionen setzte.

Als im Herbst 1934 die Meldung von den ersten Todesurteilen aus Spanien bekannt wurde, führte der KJV am 7. und 8. November sowohl in Wien als auch in Graz vor der deutschen und der spanischen Botschaft (in Graz vor dem Konsulat) Blitzaktionen durch, bei denen sie ihrer Empörung über die Terrorurteile Ausdruck verliehen. "Hoch die Helden des spanischen Proletariats!", "Es lebe die Einheitsfront der spanischen Arbeiterklasse und ihre kämpfende Vorhut, die KP Spaniens!", "Hoch die heldenhaften Jungkommunisten Spaniens!" waren die Parolen. Aber auch kleinere Städte wie Leoben, Donawitz und Leitendorf waren Schauplatz von Kundgebungen für Spanien.

Selbstverständlich vervielfachte sich die Solidarität nach Ausbruch des Freiheitskampfes. "Das Spanien der Freiheit muß siegen!", "Österreichs Jugend für Spaniens Freiheitskampf" lauteten die ersten Überschriften in der "Prol-Jug". Man begann Geld, Kleidung, Nahrungsmittel und Waffen für das Volk Spaniens, für die Kämpfer der Republik zu sammeln. Es gab aber auch Aktionen wie zum Beispiel in Wien: "Meidlinger Jugend spendet ein MG für Spanien". Zu Beginn des Jahres 1937 findet man die ersten Briefe aus Spanien, die die "Prol-Jug" abdruckt.

"Kampfgruß von der Front. An den österreichischen KJV. Werte Genossen! Wir Mitglieder des österreichischen KJV senden Euch aus unserem Kampf die brüderlichen Grüße... Unser Bataillon, das den Namen des großen Führers des deutschen Proletariats – Ernst Thälmann - trägt, hat in zahlreichen Kämpfen die Fähigkeit bewiesen, dem Faschismus schwere Schläge zu versetzen... Die österreichischen Jungmitglieder der Internationalen Brigade."

Es waren über 250 KJVIer, die in den Reihen der spanischen Freiheitskämpfer mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus kämpften, darunter viele Mädchen, die in erster Linie als Sanitäterinnen arbeiteten. Dabei war es nicht so einfach, von Österreich aus nach Spanien zu gelangen. Auch die in der Illegalität kämpfende KPÖ stellte Bedingungen an Freiwillige: Die Bewerber um die Entsendung nach Spanien mußten älter als 18 Jahre sein und vorerst einen Antrag beim Zellenleiter stellen. Stimmte auch die Landesleitung – nach Einholung der nötigen Informationen – der Entsendung zu, war der Antrag bewilligt, und es galt nun, entsprechende (gefälschte) Dokumente zu beschaffen. Dazu bediente man sich der sogenannten "Künstler". Das waren Genossen, die in der Lage waren, unbedenkliche Pässe (der Besitz eines Passes war damals die Ausnahme) herzustellen, mit denen man die weite Reise antreten konnte. Für die Freiwilligen gab es eine eigene Organisation, die den Transport über die verschiedenen "Anlaufstellen" aufrechterhielt. Das Geld für die Reise mußte man natürlich auch erst aufbringen. In der Regel erfolgte das durch Sammlungen. Die Reiseroute führte dann über Innsbruck in die Schweiz, oft über die "grüne Grenze", wo man dann bereits erwartet und nach Frankreich weitergeleitet wurde.

Einige KJV´ler, die nach Spanien gingen, sollen hier stellvertretend für viele andere genannt werden: Alois Peter, Edi Buchgraber, Gerd Hofmann, Bruno Furch, der später im KZ ermordete Luigi Beer, Robert Löffler oder Gustl Furtmüller.

Der spanische Freiheitskampf war für die KJV-Genossen ein Kampf, von dem sie wußten, daß er für die Freiheit Europas geführt wurde. Viele fanden dabei den Tod, wie der Steyrer Hans Hietler, der vor Madrid im Jarama-Abschnitt fiel; der Wiener Josef Willinger, der beim Tschapajew-Bataillon eine MG-Kompanie kommandierte, oder Bataillonstabschef Friedl Greilhuber, wie der "ProI-Jug" zu entnehmen ist.

Für die, die das Ende und die Niederlage der Spanischen Republik gegen die Franco-Putschisten erlebten, fing oft erst ein Leidensweg an, der sie über die französischen Internierungslager in die deutschen Konzentrationslager brachte. Viele, die die Kämpfe überlebten, gingen im KZ zugrunde. Für jene aber, die beides überlebten, war nach dem zweiten Weltkrieg die Solidarität mit den Demokraten im faschistischen Spanien neuerlich Inhalt ihres Internationalismus.

6. Der Kampf um Österreichs Freiheit – der KJV 1938-1945

Nach dem März 1938 war es nicht mehr möglich, die zentrale Organisation im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten und die "Proletarierjugend" regelmäßig von der CSR nach Österreich zu transportieren. Spätestens im Herbst 1938, als die erste Verhaftungswelle die Reihen des KJV lichtete, wurde es nötig, eine Dezentralisierung durchzuführen. Einigen Genossen gelang es, sich diesem Schlag zu entziehen und sich in Sicherheit zu bringen. Neue, den Behörden noch nicht bekannte Personen begannen aber sehr bald die Fäden wieder aufzunehmen und Organisationsstrukturen zu schaffen. Diese Versuche, die vor allem in Wien ihren Ursprung hatten, wurden von den Genossen Anton Gjada, Alfred Fenz, Elfriede Hartmann, Rosl Hoffmann, Fritz Hedrich, Walter Kämpf, Friedrich Mastny, Ludwig Raffelsberger, Franz Reingruber, Alfred Rabofsky und anderen mehr getragen. Diese Zeit der "zweiten Leitung" des KJV endete im Sommer 1942 mit einem neuerlichen Schlag der Gestapo gegen diesen Personenkreis. An die 100 Jugendliche wurden bei dieser Aktion verhaftet.

Ab diesem Zeitpunkt setzte sich die bereits 1939 von der KPÖ und dem KJV propagierte These "Du bist die Partei" durch. Mit dieser Kurzformel sollte ausgedrückt werden, daß es nicht mehr die Organisation der Partei oder des Verbandes ist, die Ausgangspunkt, Koordinator und Initiator des Kampfes gegen den Faschismus ist, sondern zum Großteil der einzelne, sich zu den Prinzipien und Zielen der Organisation Bekennende, die Hauptlast des Kampfes, seiner Umsetzung und Durchführung zu tragen hat.

Gegen Kriegsende änderte sich die Situation dahingehend, daß im Bereich der Partisanen wieder größere Gruppen tätig wurden, die eine enge Verbindung zur Bevölkerung hatten, und in Wien bildete sich 1944 wieder eine größere KJV-Gruppe.

Illegale Aktivitäten

Die Ausrichtung der illegalen Aktivitäten änderte sich unter den veränderten Bedingungen nicht nennenswert. Wollte man die Menschen ansprechen, mußte man in erster Linie bei ihren Problemen ansetzen, dort, wo sie von den NS-Maßnahmen betroffen wurden, wo sie darunter litten. In einer KJV-Tarnschrift mit dem Titel "Glauben und Handeln" wurden die Richtlinien des Verbandes verbreitet. Darin heißt es: "Es ist notwendig, der Jugend unermüdlich an Hand von konkreten Beispielen aufzuzeigen, daß die katastrophale Verschlechterung ihrer Lage vor allem der Kriegswirtschaft und Kriegspolitik des deutschen Faschismus entspringt. (...)

Alle Bemühungen und Anstrengungen des KJV und der antifaschistischen Jugend müssen gegenwärtig darauf konzentriert werden, eine einheitliche Front der österreichischen Jugend gegen die Fremdherrschaft des deutschen Faschismus zu errichten."

Die Aufklärung der Jugend über die tatsächlichen Absichten und den wahren Charakter des Faschismus war eines der wichtigsten Anliegen.

"Die wichtigste Aufgabe des KJV und aller Antihitlerischen Jugendorganisationen und Gruppen besteht gegenwärtig in einer breiten und gründlichen Aufklärungsarbeit über den kapitalistischen und räuberischen Charakter der Fremdherrschaft des deutschen Faschismus, bei beharrlicher, tagtäglicher Entlarvung seiner Demagogie", war in den Richtlinien zu lesen.

Entsprechend der 1937 entwickelten Strategie der KPÖ auf der Grundlage der theoretischen Arbeiten von Alfred Klahr führten die jungen Kommunisten den Kampf gegen die deutsche Fremdherrschaft als nationalen Befreiungskampf. Vom Aufruf des ZK zur Annexion Österreichs in der Nacht des Einmarsches der deutschen Truppen über die Propagierung der "Moskauer Deklaration" (1943) bis hin zu den Losungen der Partisanen und der Freiheitsbewegung vertraten die Kommunisten konsequent die Forderung nach einem freien und unabhängigen Österreich. "Der Freiheitskampf des österreichischen Volkes hat somit... ein nationales Ziel: die Beseitigung der Fremdherrschaft und die Wiederherstellung eines freien und unabhängigen Österreich auf der Grundlage der demokratischen Selbstbestimmung des Volkes..."

Neben diesen, unmittelbar den einzelnen betreffenden Themen bezog der KJV auch zur internationalen Politik Stellung. In erster Linie stand natürlich die Propagierung der Friedenspolitik der Sowjetunion; die Kommunisten klärten die Arbeiterschaft über den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom August 1939 auf, indem sie die Winkelzüge der westeuropäischen Großmächte (England und Frankreich) entlarvten und ihr Bestreben aufzeigten, die Aggression Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion zu lenken. All diese Aktivitäten versuchten sie in ähnlicher Weise wie schon unter dem Austrofaschismus auch in die Massenorganisationen der Nazis zu tragen, d.h., daß KJV´ler auch in der Hitlerjugend oder dem "Bund Deutscher Mädel" aktiv wurden.

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurde der Kampf gegen den Krieg zentraler Punkt der Agitation, vor allem unter den Wehrmachtsangehörigen. "Der Soldatenrat" hieß die Zeitung, die als "Wehrmachtzersetzungsschrift" in den Anklagen und Urteilen des Volksgerichtshofs genannt wurde. Elfriede Hartmann, Walter Kämpf, Friedrich Muzyka, Rosl Hofmann, Anny Gräf, Grete Jost, Leopoldine Kovarik, Rudolf Masl, Anna Wala, Friedrich Mastny und Alfred Rabofsky um nur einige Namen von vielen zu nennen, waren es, die Tausende Feldpostbriefe verfaßten und an Soldaten an die Front schickten Alle führenden Köpfe fielen 1943/44 dem Schafott im Wiener Landesgericht zum Opfer, auch die kaum 19-jährige Anny Gräf, die man köpfte. Initiiert wurde diese Aktion von dem ehemaligen KJV´ler Leo Gabler (Heini), der nun als Mitglied des Zentralkomitees der KPÖ aus Moskau kommend, illegal nach Österreich gekommen war, um den Widerstandskampf gegen die Nazifaschisten zu unterstützen.

Dasselbe Schicksal erwartete jene Personen, die die Staats- und Parteiorganisationen ausnützend, in diesen Positionen erwarben, um von hier aus gegen die Nazis tätig zu werden. So brachte es Franz Reingruber, der im Auftrag des KJV in die HJ eintrat, bald zum Schulungsleiter mit großem Ansehen innerhalb seines Bannes (so hieß die Grundeinheit der HJ). Sein Einfluß war so groß, daß nach seiner Verhaftung diese Gruppe von seiten der NSDAP aufgelöst werden mußte, weil sich eine Opposition gebildet hatte, die für Reingruber Stellung bezog. Auch er wurde hingerichtet.

Weiter oben wurde auf die Tatsache verwiesen, daß erst wieder gegen Kriegsende verschiedentlich breitere Organisationsstrukturen aufgebaut werden konnten. In Wien war es die "Illegale Gruppe KJV Wien 44", die Mitte 1944 von ehemaligen dem NS-Terror noch nicht zum Opfer gefallenen KJVlern aufgebaut wurde. Es waren dies Heini Klein, Franz und Grete Kainz sowie Karl Waschovski, die versuchten, alle noch unentdeckten KJVIer zu sammeln. Gemeinsam mit Ida Tanzmayer wurden eine Stadtleitung, zwei Kreisleitungen, Bezirksleitungen sowie Betriebszellen installiert. Man schuf angesichts des Terrors eine straffe, eng begrenzte Gruppe, deren Zahl Anfang 1945 an die 80 Personen umfaßte. Unter höchster Konspirativität und intensiver Arbeit in den Naziorganisationen bereitete man sich auf die Zeit des "Endkampfes" in Wien vor. Man schirmte sich mit einer eigenen Abwehrorganisation gegen das Eindringen von Unzuverlässigen ab, trachtete aber doch mit dem Knüpfen von Verbindungen einer Isolierung zu entgehen. So gab es Kontakte zu jugoslawischen Freiheitskämpfern, in die Industriegebiete um Wien und zur Widerstandsgruppe innerhalb der Wiener Wehrmachtszentrale. In der Zeit ihres kurzen Bestandes konnte diese Gruppe bemerkenswerte Aktivitäten entwickeln und besonders in den Westbezirken Wiens einen nicht unbedeutenden Beitrag zur Befreiung der Stadt leisten. Heini Klein war führend am Aufbau der FÖJ beteiligt.

Die Partisanen des Salzkammergutes

Zahlreiche KJVIer kämpften in den Reihen der Partisanen gegen die Nazi-Besatzer. Wenn der antifaschistische Widerstandskampf in Form des bewaffneten Partisanenkrieges in Österreich auch bei weitem nicht das Ausmaß wie in anderen Ländern (zum Beispiel in den besetzten Gebieten der Sowjetunion, in Polen, der Slowakei, Jugoslawien, Griechenland, Italien und Frankreich) erreichte, so war dieser Widerstandskampf kleiner zum Teil schlecht ausgerüsteter und bewaffneter Gruppen doch so stark, daß er – vor allem in den letzten Kriegsmonaten – Teile der Nazi-Wehrmacht band, das heißt ihren Einsatz an der Front unmöglich machte. Damit haben auch Österreichs Partisanen einen Beitrag zur Beschleunigung des Kriegsendes und der Befreiung unserer Heimat geleistet.

Partisanenoperationen gab es im Salzkammergut, im steirisch-kärntnerischen Grenzgebiet und in Südkärnten; hierzu gehört auch der Kampf österreichischer "Freiheitsbataillone" im Rahmen der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee, die unter österreichischen Fahnen auf slowenischem Gebiet gegen die nazideutsche Fremdherrschaft kämpften. Einer, der in diesen Kämpfen noch im Februar 1945 fiel, war der ehemalige KJV`ler Willi Frank, der Mitbegründer des 1. österreichischen Freiheitsbataillons und als politischer Instruktor tätig war.

Stellvertretend für alle anderen soll hier etwas näher auf die Partisanenbewegung im Salzkammergut eingegangen werden.

Die Partisanen des Salzkammergutes rekrutierten sich unter anderem aus Waldarbeitern, Kleinbauern, Salinenarbeitern, aus Menschen also, die unmittelbar mit der Landwirtschaft verbunden waren und gute Kontakte zur Bevölkerung hatten. Das ermöglichte es ihnen, zahlreiche Einsätze erfolgreich zu beenden und den fieberhaft nach ihnen suchenden Militärpolizei- und Sicherheitsstreifen zu entgehen. Doch bevor es soweit war, durchliefen die Illegalen des Salzkammergutes all jene Phasen, die auch in den anderen Teilen Österreichs den Weg der Antifaschisten markierten. Noch aus der Zeit des Austrofaschismus gab es ein funktionierendes System des KJV, in dem Anton Straubinger, der Ischler Schuster Rettenbacher, Friedrich Hirnböck, Raimund Zimpernik, Johann Leimer, Martin Langeder und Franz Kain aus Goisern, Herbert Filla und andere mehr aktiv Anteil hatten. Die Verhaftungswelle des Jahres 1941 riß auch hier große Lücken und zwang zu einer Verringerungen der Aktivitäten.

Erst nach der von der Halleiner Kommunistin Agnes Primosic gut organisierten Flucht des Kommunisten und Spanienkämpfers Sepp Plieseis aus dem Außenlager Hallein des KZ Dachau, begann man mit der Organisation der Partisanengruppe. Es war im Sommer 1943, als Sepp Plieseis kurz nach seiner Flucht über das Höllengebirge wieder in heimatlicher Umgebung eintraf und mit den Antifaschisten Gitzoller und Resi Pesendorfer in Bad Ischl eine Besprechung hatte. Das Ergebnis war die Gründung einer neuen Organisation, der man den Namen "Gruppe Willy" gab. In ihr beabsichtigte man im Sinne der Volksfrontpolitik alle Hitler-Gegner zu vereinen. Bald waren Kontakte nach Bad Aussee’ Goisern und Bad Ischl zu den jeweiligen Pfarrämtern geknüpft, die man in die Tätigkeit integrieren wollte. Schon der folgende Winter 1943/44 zeigte, daß die Bevölkerung bereit war, die Partisanen nach Kräften mit Geld und Lebensmittel zu unterstützen. Der Einfluß der ständig wachsenden Gruppe nahm zu. Immer zahlreicher wurden die Fälle, daß junge Männer nicht mehr an die Front zurückkehrten und statt dessen zu den Partisanen gingen, die im Toten Gebirge ihr Rückzugsgebiet hatten.

Wie weit die Verbindungen der Partisanen reichten, zeigt der Fall Gitzoller. Er wurde, als er sich der Festnahme durch eine Polizeistreife entzog, angeschossen, konnte aber entkommen. Für die Heilung seiner Wunden waren aber spezielle Medikamente notwendig, die man ja nicht so einfach in der nächsten Apotheke kaufen konnte. Hier half der im Kreisgericht Wels einsitzende KJVIer Peter Huemer, dem es gelungen war, in der Anstaltsapotheke angestellt zu werden und der auch in anderen Fällen die Partisanen mit Medikamenten versorgen konnte. Schwieriger war die Beschaffung von Waffen, die man teils erbeutete, teils von Soldaten bekam, die nicht mehr willens waren, an die Front zu gehen. Zum Arsenal der Partisanen gehörten Pistolen, Gewehre, Maschinenpistolen und Handgranaten.

Die bekannteste Aktion der Partisanen des Salzkammergutes war wohl die Rettung der Kunstschätze, die die Nazis aus halb Europa gestohlen hatten und gegen Kriegsende in diese Gegend brachten, um sie in den vorhandenen Stollen der Salzbergwerke zu lagern. Als das Ende des Dritten Reiches schon absehbar war, beabsichtigten die Nazis, die in den Stollen lagernden Kunstschätze zu sprengen. Doch so geheim die Aktion der Nazis auch behandelt wurde, die Partisanen bekamen von den Bergbaubeamten entsprechende Hinweise und verhinderten – gemeinsam mit anderen Antifaschisten - die Vernichtung dieser unschätzbaren Kulturgüter.

Gegen Ende 1944 war die Zahl der Partisanen beträchtlich angewachsen. Der große Umfang der Gruppe konnte nur dadurch ohne größere Gefahren beibehalten werden, weil es eine Verankerung der Partisanen in der Bevölkerung gab. Die Bauern schlachteten illegal ihr Vieh, um die "Gruppe Fred", wie die umbenannte Gruppe Willy sich zu diesem Zeitpunkt nannte, mit Fleisch beliefern zu können, die Jäger und die Leute der Bergwacht gaben ihnen Auskunft, halfen ihnen soweit es möglich war. In dieser Zeit, Ende 1944, hatten die Partisanen weite Teile des Gebiets zwischen Bad Ischl-Rettenbachalm-Altausse-Mitterndorf-Obertraun unter ihrer Kontrolle, wenn sie auch nicht verhindern konnten, daß ausgerechnet das Salzkammergut zum letzten Rückzugsgebiet von SS und Sicherheitsdienst ("Alpenfestung") wurde.

Als die Nazis in den letzten Kriegstagen noch den aus Jugendlichen und Greisen bestehenden Volkssturm zur Sprengung der Traunbrücke einsetzen wollten, konnte dies von den Partisanen verhindert werden. Um diese Zeit schuf Albrecht Gaiswinkler die "Österreichische Freiheitsbewegung". Er war von einem englischen Flugzeug über dem Toten Gebirge abgesprungen und nahm mit Plieseis Kontakt auf. Bis zum Eintreffen der US-Truppen kontrollierten dann die Partisanen das Salzkammergut.

Schlussbetrachtungen

Auf Grund der gebotenen Kürze war es nicht möglich, auf die Rolle des KJV beim Widerstand in den Betrieben (Sabotage der Rüstungsproduktion!) und innerhalb der Wehrmacht sowie in den Konzentrationslagern einzugehen. Auch konnte in diesem Rahmen nicht die Tätigkeit der Jungkommunisten im KJV in der Emigration, sei es nun in Großbritannien, wo hunderte Jugendliche erfaßt wurden, oder in Frankreich oder Belgien, wo KJV´ler im aktiven Widerstandskampf gegen die Nazis standen, oft auch mit der Waffe in der Hand gegen sie kämpften, so wie Herbert Kandel, Bob Zanger u.a.

Ein Aspekt des Widerstands kann aber nicht unerwähnt bleiben, der es erst ermöglicht, das volle Ausmaß, die heroische Haltung dieser den Kampf gegen den Faschismus organisierenden Menschen begreifbar zu machen. Wir können heute von vielen, die damals Widerstand leisteten, verhaftet, eingekerkert und hingerichtet wurden, deren Schicksalsweg verfolgen. Von der Mehrzahl sind Daten überliefert. Aber es gibt auch solche, die mitkämpften, unentdeckt blieben und so keine "Spuren" hinterließen. Von zahlreichen Opfern kennt man außer ein paar Daten nichts, was ihr Schicksal erhellen könnte. Von den mehr als Zweieinhalbtausend Österreicherinnen und Österreichern, die von den Nazis hingerichtet wurden, waren der überwiegende Teil Kommunistinnen und Kommunisten, und davon viele Jungkommunisten von KJV oder solche, die aus ihm hervorgegangen sind. Viele starben auch im KZ, wie Ernst Burger, Ludwig Vesely und Rudolf Friemel, die am 30. Dezember 1944 wegen eines geplanten Fluchtversuchs im KZ Auschwitz vor den gesamten angetretenen Häftlingen am Apellplatz gehenkt wurden, Alfred Klahr, der nach seiner gelungen Flucht aus Ausschwitz in Warschau von der SS erschossen wurde, Amalie Brust, die 1944 in Ravensbrück vergast wurde, Oskar Grossmann, der im französischen Exil der Gestapo in die Hände fiel und ermordet wurde, Hermann Köhler, der im März 1945 im KZ Mauthausen erschossen wurde, oder Bruno Dubber, der in der Haft als Folge der Torturen 1944 gestorben ist.

Auch Richard Zach, ein führendes Mitglied des Grazer KJV, gehörte zu den Opfern. In seinem letzten, aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief an seine Eltern schrieb er:

"Der Tag ist gekommen, der von uns Fassung verlangt ... Meine Lieben, es ist mir noch immer unvorstellbar, ganz vom Leben Abschied zu nehmen. Aber wenn ich nunmehr kühl überlege – und das müssen wir gerade in dieser Lage -, dann muß ich Euch wie mir eine weitere Hoffnung absprechen. Es gibt doch keine Gnade, sonst müßte sie sich jetzt schon gezeigt haben. Diesen Satz müssen wir in aller seiner Folgenschwere dulden – es ist nun einmal so..."

Den Inhalt und Sinn seines Kampfes faßte er in ein Gedicht mit dem Titel "Unsterblichkeit":

Bald wirst du liegen auf kalter Bahre, Bald wirst du Asche werden und Staub... Ob man dich nun im Armengrab verscharre, In der Heldengruft bestatt – Raub Bist du der nagenden Zeit. O narre Dich nicht mit dem Todesgedanken! Siehe – Laub Grünt und verdorrt. Auch du – wie sich gebare Die ewig-durst’ge Seele. Stirb und glaub Du bist bloß Funke, der verglüht. Dein Name, Marmorgemeißelt’ echolos, gilt nichts, Unsterblich bist du einzig als der Same Des Lebens! Wage für das menschlich Wahre! Umklammere nicht den Tag! Kämpf! Offenbare!

Sie alle "umklammerten nicht den Tag", sie alle offenbarten und kämpften. Franz Reingruber gehörte auch zu den vielen. In der Haft führte er ein Tagebuch, das der Nachwelt erhalten geblieben ist. Darin wollte er seinen Gedanken "freien Lauf" lassen und "alles ungezwungen aufschreiben", was ihm "Freude und Leid bereitete". Er war l9 Jahre alt als er verhaftet wurde und folgendes über die Verhöre schrieb:

"Ich habe Unbeschreibliches mitmachen müssen, und in meinem Herzen stieg der Haß gegen die Methoden der Gestapo... Diese Bestien machen vor niemandem halt... Ich liege im Bett mit Spuren von Mißhandlungen und muß alles über mich ergehen lassen...

Der 1. Mai 1942! Ein Jahr ist vergangen, seit ich die Flugschrift verfaßte, deretwegen ich verhaftet worden bin. Ich dachte an ihren Inhalt, an die Losungen und das pünktliche Erscheinen, daß ich nie gedacht hätte, daß diese Flugschrift mein Verhängnis werden würde, wo ich doch soviel andres machte, worauf man nicht gekommen war... Den diesjährigen 1. Mai begehe ich im Kreis von Gleichgesinnten... Wir beschlossen, aus Protest heute nicht zu arbeiten und eine Feierstunde abzuhalten. Am Vormittag begann unser Stubenältester mit einer kurzen Ansprache, in der er den Tag als den Feiertag der Arbeiterschaft hervorstrich... Mit dem Lied der Arbeit und der Internationale klang die schlichte Feier aus."

Wie unbeugsam und ungebrochen sein Kampfwille war, läßt sich aus der Schilderung des 1. Mai 1943 ermessen, den Reingruber noch im Wiener Landesgericht beging, und über den ein Augen- und Ohrenzeuge berichten konnte. Reingruber hielt von seinem Gefängnisfenster über den Hof hinweg eine Rede, in der er sagte:

"Die Arbeiter der ganzen Welt feiern heute den großen Fest- und Kampftag mit uns. Viele sind für die großen Ziele gefallen, viele sind hinter Kerkermauern wie wir, aber Millionen kämpfen gegen den ärgsten Feind der Freiheit, gegen die braune Pest... Der Sieg wird unser sein! Es lebe der 1. Mai! Es lebe die unbesiegbare Rote Armee!"

Bruno Dubber, der Reorganisator des KJV 1936 und der Leiter der KPÖ in der ersten Zeit nach dem Einmarsch der Hitler-Truppen 1938, hielt jahrelang den bestialischen Verhören der Gestapo stand, der es bis zu seinem Tod 1944 nicht gelang, Details oder Namen aus der Zeit seines illegalen Kampfes von ihm zu erfahren. Die Torturen begannen gleich nach seiner Verhaftung, und er scheute sich nicht, dem Ermittlungsrichter des Volksgerichtshofes in Wien Details dieser Verhöre brieflich mitzuteilen:

"Nach meiner Verhaftung mußte ich mich im gefesselten Zustand auf den Fußboden des Autos niederlegen, mein Mantel wurde über meinen Körper geworfen, während die im Auto sitzenden Staatspolizeibeamten mit ihren Füßen auf meinem Körper herumtanzten, mich mit ihren Füßen in den Rücken traten, oder auf den Kopf... Diese Mißhandlungen im Auto waren aber nur der Auftakt zu noch viel schlimmeren Prügelszenen auf der Staatspolizeistelle Wien, am Morzinplatz... Da ich nicht die gewünschten Aussagen lieferte, wurde der die Vernehmung leitende Herr Leutgeb gleich rabiat und schlug mir ins Gesicht. Das war für die übrig anwesenden Herrn das Signal, sich an den Prügeleien und Mißhandlungen aktiv zu beteiligen... Da ich meine Kameraden nicht belasten konnte und nicht belasten wollte, da ich die Interessen meiner Partei nicht preisgeben wollte und konnte, mußte ich an diesem ersten Abend fünf- bis sechsmal die oben geschilderten Quälereien über mich ergehen lassen. Die geschilderten Quälereien wiederholten sich am zweiten, dritten und vierten Vernehmungstag."

Ein Jahr später, im Februar 1940, richtete er einen zweiten Brief an den Ermittlungsrichter:

"Ich habe keinerlei persönliche Fehde mit Herrn Leutgeb auszutragen... Er könnte ebensogut Auinger, Bruneder, Streit, Hauptmann oder sonstwie heißen... Wenn der Name Leutgeb häufig in meinen Erklärungen auftaucht, so deshalb, weil dieser Herr als Repräsentant einer Vollzugsgewalt mir gegenübertrat. Meine Einstellung zu diesem Manne ist eine rein politische und nicht eine persönliche, nicht einmal die Prügel und die Mißhandlungen, so verabscheuungswürdig wie sie auch sein mögen, haben irgendeinen persönlichen Haß oder Rachegefühle gegen die Person des Herrn Leutgeb aufkommen lassen. Blindwütiger Haß zeichnet... nur jene, die wehrlose, in ihrer Gewalt befindlichen Menschen prügeln, quälen’ mißhandeln und beschimpfen, und das als ihr Kampfmittel gegen weltanschauliche Gegner betrachten."

Nach vier weiteren Jahren der Qualen schrieb er im April 1944 aus dem Zuchthaus Bremen seinen letzten Brief an seine Mutter:

"Meine Krankheit ist keine Erkältungsgeschichte, sondern hat tiefe und andere Ursachen. Aufstehen kann ich noch immer nicht, Fieber habe ich auch noch, zeitweise bis 40 Grad. Monatelang im Fieber liegen, das zehrt an Körper und Nerven. Viel sprechen kann ich auch nicht, weil es mir große Schmerzen verursacht."

Das waren die letzten Mitteilungen von Bruno Dubber, einem der vielen Opfer, die der KJV, die Kommunisten Österreichs in ihrem Kampf für ein freies, unabhängiges Österreich bringen mußten. Am 6. Mai 1944 starb er an Lungentuberkulose im Zuchthaus Bremen.

In der Auseinandersetzung mit dem Widerstandskampf wird den Kommunisten immer wieder vorgeworfen, sie hätten ihre Mitglieder in einen aussichtslosen Kampf getrieben, sie "verheizt", anstatt einfach auf das Ende der Nazibarbarei zu warten. Diese Anwürfe, die sowohl von konservativen als auch von sozialdemokratischen Kreisen vorgebracht werden, spiegeln zwei Tatsachen wider:

1. Der Widerstandskampf in Österreich wurde zum überwiegenden Teil von den Kommunisten getragen – womit sich die Historiker gezwungen sehen, die Frage zu beantworten, wo denn die Hunderttausenden Mitglieder der beiden großen Parteien waren, worin denn deren Beitrag im Kampf gegen die Hitler-Diktatur und für ein freies, unabhängiges Österreich bestand. Von diesem "Beweisnotstand" ist natürlich der Weg zur Verunglimpfung des Widerstandskampfs der Kommunisten als "sinnlose Opferung" nicht weit.

2. Jene, die mit diesem Argument den Kampf der Kommunisten in Zweifel ziehen möchten, begreifen nicht, daß die Widerstandskämpfer in voller Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten der Epoche handelten. Für sie war der Widerstand moralische Pflicht und humanistischer Auftrag der Volksmassen, war härteste Klassenauseinandersetzung. All denen, die an ihm teilnahmen, ihn vorantrieben und formten, gebührt das ständige Andenken derer, die heute, unter anderen Bedingungen, den Kampf um eine bessere Welt führen.

Dieser Text ist ein überarbeiteter Auszug aus dem 1981 anläßlich des III. Bundeskongresses der KJÖ erschienenen Buch "Beiträge zur Geschichte der Kommunistischen Jugendbewegung in Österreich". Die behandelten Beiträge stammen von Dr. Winfried Garscha, Friedrich Hexmann, Annemarie Türk und Dr. Willi Weinert. Die wissenschaftliche Überarbeitung wurde von Dr. Willi Weinert besorgt.

 

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